Mittwoch, 31. Juli 2019

Norbert Sautter: Ein Malermeister, der Maler wird.




Stolz, sehr stolz ist er auf seine Technik, auf seine Farben, die im Vorübergehen die Farben wechseln. Es ist seine Rezeptur, sein Geheimnis, das er wie seinen Augapfel hütet. "So etwas besitzt kein anderer Künstler auf dieser Welt", sagt Norbert Sautter, der seit seiner Kindheit malt, es zu seinem Handwerk machte und nun sich selbst und sein Talent als Künstler vollenden will. In seine neuen Farben taucht er das Weltall, transzendiert es in Sphären großer, explosiver Einsamkeiten, in denen nur die Dynamik und Mechanik der Gestirne und ihrer Planeten herrschen. Oftmals dicht gedrängt, als wollten sie sich gegenseitig berühren - ohne es je zu können. Sie sind sich nah und fern zugleich. Hier ist alles sorgfältigste Technik, die der Farben und des Pinsels. So kannten wir ihn auch in seinem Handwerk, so dokumentiert es sich nun auch in seinem Kunstwerk



 

Daneben aber, wichtiger vielleicht als seine Technik, hängen - in seiner privaten Kunsthalle am Rande von Rommelsbach - feingliedrige Stillleben, die auf ganz andere Weise sein Thema (wie ich glaube zu erahnen) ausdrücken: die Einsamkeit, nicht als Bedrohung, nicht als Anklage, nicht als Leid, sondern als Existenz, unserer ganz persönlichen Existenz. Seine Werke, die vor allem in den letzten Jahren entstanden sind, strahlen eine Einsamkeit aus, der er sich möglicherweise selbst gar nicht bewusst ist.


 


So ist alles, was er malt, trotz aller Dynamik des Weltalls, doch starr, irgendwie tot, erst der Betrachter als Teil der Performance, bringt das, was er sieht, zum Leben - vielleicht allein dadurch, dass er sich Leben hineinwünscht, sich fragt: Norbert, warum packst Du das Leben nicht an? Ein ganz seltsamer Dialog entsteht. Man fragt sich gegenseitig, Bild und Betrachter, ohne sich Antworten zu geben - auch, weil man sie gar nicht kennt.



Wer mit Norbert durch die Ausstellung geht, die er in den wunderbar hergerichteten Räumen des früheren Aussiedlerhofes seiner Frau Ute, geborene Schäfer, eingerichtet, fragt sich: Warum spricht er so viel über seine Technik? Natürlich, weil er stolz darauf ist. Zu Recht. Aber da sind eben auch die anderen Bilder, die ihn viel stärker als das zeigen, was er doch in seinem letzten Lebensdrittel endlich gerne sein möchte: ein Künstler. Da gibt es Bilder, die jeder für sich selbst entdecken muss, in der sich sein heimliches, sein verborgenes Thema, die Einsamkeit, plötzlich auflöst und er selbst das ist, was ihn zur Kunst getrieben hat: die Freiheit, die sich in seinen Bilder explosiv äußert. Es ist eine einsame Freiheit, fast ein blenden weißes, reines Monadendasein, zu dem ihn auch die menschlichen Enttäuschungen des Lebens entlassen haben. Der Kreis, der kein Anfang und kein Ende kennt, ist eine seiner Lieblingsformen - sogar das Leben, mit all seinen uhrkreisrunden Tagen, ist eingefangen in diesem Ablauf zwischen Geburt und Tod.


"Norbert", möchte man ihm zurufen, "Mensch Norbert, Leben ist Freiheit, Leben ist Kunst. Leben überwindet Kreisläufe, rüttelt permanent an Grenzen." Und dann ist man auch wieder ratlos: Besteht seine Kunst vielleicht genau in diesem Nochnicht, ist es eine Nochnicht-Kunst, die den Betrachter selbst zum Künstler macht, ihn dazu zwingt, aus diesen Kreisläufen auszubrechen?  


Ehrlich gesagt: Ich weiß es noch nicht. Ich bin ein wenig hilflos. Wenn das aber der Effekt ist, den er sich wünscht, dann hat Norbert eine Wirkung erzielt, die weitaus wichtiger ist als seine einsame Technik - gleichgültig, wie brillant sie ist. Und dann, Du bist schon auf dem Heimweg, wird Dir klar: Diese ganze Ausstellung ist der gelungene Versuch, aus diesen Kreisläufen auszubrechen und die Einsamkeit zu überwinden. In Freiheit.


Raimund Vollmer
 
Bildertanz-Quelle:RV