Stolz, sehr stolz ist er auf seine Technik, auf seine
Farben, die im Vorübergehen die Farben wechseln. Es ist seine Rezeptur, sein
Geheimnis, das er wie seinen Augapfel hütet. "So etwas besitzt kein anderer
Künstler auf dieser Welt", sagt Norbert Sautter, der seit seiner Kindheit
malt, es zu seinem Handwerk machte und nun sich selbst und sein Talent als
Künstler vollenden will. In seine neuen Farben taucht er das Weltall,
transzendiert es in Sphären großer, explosiver Einsamkeiten, in denen nur die
Dynamik und Mechanik der Gestirne und ihrer Planeten herrschen. Oftmals dicht
gedrängt, als wollten sie sich gegenseitig berühren - ohne es je zu können. Sie
sind sich nah und fern zugleich. Hier ist alles sorgfältigste Technik, die der
Farben und des Pinsels. So kannten wir ihn auch in seinem Handwerk, so
dokumentiert es sich nun auch in seinem Kunstwerk
Daneben aber, wichtiger vielleicht als seine Technik,
hängen - in seiner privaten Kunsthalle am Rande von Rommelsbach - feingliedrige
Stillleben, die auf ganz andere Weise sein Thema (wie ich glaube zu erahnen)
ausdrücken: die Einsamkeit, nicht als Bedrohung, nicht als Anklage, nicht als
Leid, sondern als Existenz, unserer ganz persönlichen Existenz. Seine Werke,
die vor allem in den letzten Jahren entstanden sind, strahlen eine Einsamkeit
aus, der er sich möglicherweise selbst gar nicht bewusst ist.
So ist alles, was er malt, trotz aller Dynamik des Weltalls,
doch starr, irgendwie tot, erst der Betrachter als Teil der Performance, bringt
das, was er sieht, zum Leben - vielleicht allein dadurch, dass er sich Leben
hineinwünscht, sich fragt: Norbert, warum packst Du das Leben nicht an? Ein
ganz seltsamer Dialog entsteht. Man fragt sich gegenseitig, Bild und
Betrachter, ohne sich Antworten zu geben - auch, weil man sie gar nicht kennt.
Wer mit Norbert durch die Ausstellung geht, die er in den
wunderbar hergerichteten Räumen des früheren Aussiedlerhofes seiner Frau Ute,
geborene Schäfer, eingerichtet, fragt sich: Warum spricht er so viel über seine
Technik? Natürlich, weil er stolz darauf ist. Zu Recht. Aber da sind eben auch die
anderen Bilder, die ihn viel stärker als das zeigen, was er doch in seinem
letzten Lebensdrittel endlich gerne sein möchte: ein Künstler. Da gibt es
Bilder, die jeder für sich selbst entdecken muss, in der sich sein heimliches,
sein verborgenes Thema, die Einsamkeit, plötzlich auflöst und er selbst das
ist, was ihn zur Kunst getrieben hat: die Freiheit, die sich in seinen Bilder explosiv
äußert. Es ist eine einsame Freiheit, fast ein blenden weißes, reines Monadendasein,
zu dem ihn auch die menschlichen Enttäuschungen des Lebens entlassen haben. Der
Kreis, der kein Anfang und kein Ende kennt, ist eine seiner Lieblingsformen -
sogar das Leben, mit all seinen uhrkreisrunden Tagen, ist eingefangen in diesem
Ablauf zwischen Geburt und Tod.
"Norbert", möchte man ihm zurufen, "Mensch
Norbert, Leben ist Freiheit, Leben ist Kunst. Leben überwindet Kreisläufe,
rüttelt permanent an Grenzen." Und dann ist man auch wieder ratlos:
Besteht seine Kunst vielleicht genau in diesem Nochnicht, ist es eine
Nochnicht-Kunst, die den Betrachter selbst zum Künstler macht, ihn dazu zwingt,
aus diesen Kreisläufen auszubrechen?
Ehrlich gesagt: Ich weiß es noch nicht. Ich bin ein wenig
hilflos. Wenn das aber der Effekt ist, den er sich wünscht, dann hat Norbert
eine Wirkung erzielt, die weitaus wichtiger ist als seine einsame Technik - gleichgültig,
wie brillant sie ist. Und dann, Du bist schon auf dem Heimweg, wird Dir klar: Diese
ganze Ausstellung ist der gelungene Versuch, aus diesen Kreisläufen
auszubrechen und die Einsamkeit zu überwinden. In Freiheit.
Raimund Vollmer
Bildertanz-Quelle:RV