Dienstag, 14. September 2010

Die künftige Bebauung des Achalmgebietes der Stadt Reutlingen


»Bei der meist hügeligen Beschaffenheit unseres Landes bereitet eine harmonische Hang- und Höhenbebauung vielfach Schwierigkeiten, insbesondere wenn der Ausdehnungsdrang größerer Städte dabei mitspielt. Dies ist in Zukunft auch in Reutlingen der Fall. Hier ist eine befriedigende Lösung von besonderer Bedeutung, weil es sich um das Vorgelände der Achalm handelt, also eines unserer schönsten und durch seine Insellage weithin wirkenden Berges unserer Alb. Nach und nach will die Stadt auch an seinem Fuß hinaufklettern und es ist Zeit, diese Bebauung in solche Bahnen zu lenken, dass das schöne Landschaftsbild dadurch keine Beeinträchtigung erleidet. Weil es sich hier um eine Stelle handelt, auf welche die Augen unseres ganzen Landes gerichtet sind, hält der Bund für Heimatschutz sich für befugt und berechtigt, sich auch um das, was hier geplant ist, zu bekümmern. Schon 1907 hat Professor Theodor Fischer sich mit dieser Frage befasst. Um einer wahllosen und wilden Überbauung der weithin sichtbaren Hänge beizeiten vorzubeugen und ein möglichst günstiges Bild dieses Hangegebietes und Vorgeländes der Achalm zu erzielen, hat der Gemeinderat von Reutlingen mit seinem Bürgermeister an der Spitze in neuester Zeit im Bewußtsein seiner Verantwortung für diesen schönen Fleck unseres Landes einen Bebauungsplan, der noch über die Fischerschen Vorschläge hinausgeht und besondere Anbauvorschriften durch den Vorstand des Stuttgarter Stadterweiterungsamts, Oberbaurat Dr. Otto ausarbeiten lassen. Die im Hinblick auf dieses Ziel aufgestellten Vorschriften sehen an der neuen, auf halber Höhe waagrecht geführten Hangstraße geräumige, 20 Meter weite Hausabstände vor, daß die Häuser ganz in Grün eingebettet werden, und verlangen breit gelagerte, höchstens zweistöckige Häuser mit ruhigen Walmdächern. Die steilen Abhänge gegen das Tal und die bekrönende Kuppe sollen ganz von Gebäuden frei gehalten werden. An einer markanten Bergnase ist eine Aussichtsstraße mit geeignetem Baumsatz vorgesehen. Zur Vervollständigung des Ganzen soll wegen Ausdehnung dieser Bauvorschriften auch auf das zur Markung Eningen gehörige Achalmgelände mit dieser Gemeinde verhandelt werden.
Dieses Vorgehen der Stadt Reutlingen ist sehr begrüßenswert und verdient unsere volle Anerkennung. Es ist zu hoffen und zu wünschen, daß die Durchführung des Geplanten allen Widerständen zum Trotz und so ein gutes Vorbild für andere, ähnliche Verhältnisse ergeben möge.«
(Quelle: Schwäbisches Heimatbuch 1930. Herausgegeben vom Bund für Heimatschutz in Württemberg und Hohenzollern. Eßlingen a.N., S. 138/139)

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