Sonntag, 7. November 2010
Reutlingen: Als die Kanzleistraße noch Judengasse hieß...
Blick in die Kanzleistraße (oder irre ich mich wieder einmal?) der frühen sechziger Jahre. Was da wie ausgebombt wirkt, sind wohl in erster Linie die Vorarbeiten (Abrisse) zum Bau des neuen Rathauses, das nun auch schon 45 Jahre alt ist.
Bildertanz-Quelle: Richard Wagner
Dazu schreibt Herbert Kopp in seinem Buch "Die Anfänge der Stadt Reutlingen":
»Nach dem Ausweis der Reutlinger Kaufbücher wird der Name Judengasse erst nach der Mitte des 17. Jahrhunderts auf die ganze heutige Kanzleistraße ausgedehnt.
Es ist verwunderlich, daß in Reutlingen die Juden so nahe am Marktplatz und in einer verhältnismäßig wichtigen Straße saßen, während sonst in den Städten das Judenviertel abseits vom großen Verkehr in einem abgelegenen Stadtteil sich befand. Der Grund dürfte nach der bisherigen Darstellung klar sein: die Juden saßen hier auf Reichsboden, der ihnen vom König als Stadtherrn zugewiesen worden war.
Bekanntlich standen die Juden im Reich seit jeher in einer besonderen Beziehung zum König. Die schon in karolingischer Zeit einzelnen Juden erteilten Privilegien wurde seit dem 11. Jahrhundert auf die gesamte Judenschaft einzelner Städte ausgedehnt. Gegen Zahlung einer besonderen Steuer nahm der König sie in seinen Schutz und verlieh ihr den Königsfrieden. (...)
Die Judensteuer an die königliche Kasse wurde auch von den Juden in Reutlingen gezahlt.«
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