Donnerstag, 31. März 2011

Als man am Ledergraben noch häkelte, zopfelte und läuferte


Muss man sich das so vorstellen? Fröhlichkeit, Vitalität am Ledergraben?
Bildertanz-Quelle: Familie Welsch

»Hat sich die Stadt früher bunter und heiterer gezeigt als heute? In einer Hinsicht gewiss: Die öffentlichen Plätze mit ihrer bunten Mannigfaltigkeit wurden fast widerstandslos dem einen Zweck preisgegeben, langweilige Parkplätze für Autos zu sein.« So rügt 1975 Karl Keim in seinem Buch "Alt-Reutlingen". Und dann konzentriert er sich auf den Ledergraben, über den wir schon gestern berichteten. Keim schrieb von 36 Jahren: "Der Ledergraben ist dafür ein trauriges Beispiel. Dort betrieben vor dem Ersten Weltkrieg, die heute fast ausgestorbenen Küfer, Seiler und Posamentiere ihre Handwerke außerhalb der Ende der Altstadt. Frauen und Mädchen strickten, filetierten und häkelten und tratschten in der Frühjahrs- und Herbstsonne. Weingärtner und Ackerbürger putzten ihre Wagen und Geschirre; mit ihren Angehörigen und Nachbarn zopfelten sie im Herbst Hopfen. Hausfrauen krochen aus den Schattenschlünden der Gassen in die Helle des Ledergrabens und läuferten Bohnen; Großmütter und Tanten saßen auf Hockern und Schrannen und hüteten Kinder.«
Lebendig muss es damals dort zugegangen sein, wo heute dasselbe Einerlei herrscht wie 1975: langweilige Parkplätze.

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