Samstag, 6. April 2013

Reutlingen im Mittelalter: Wir, die Bürger...

»Nach ihrer rechtlichen Stellung sind die Stadtbewohner zu unterscheiden in Bürger, Einwohner und Fremde.
DIE BÜRGER
Im 13. und 14. Jahrhundert nannten sich nur die Nachfahren der staufischen Ministerialien, die Stadtadeligen und die Familien, die ihren Namen von städtischen Ämtern herleiteten, Bürger. In der Zeit danach wurde die Bezeichnung Bürger auf einen größeren Bewohnerkreis ausgedehnt; fast alle Stadtbewohner hießen jetzt Bürger. Das Bürgerrrecht wurde nur durch Geburt oder durch Entscheidung des Rates erworben. Für die Verleihung des Bürgerrechts mussten Fremde je zehn Gulden bezahlen und außerdem mindestens ein Vermögen von 200 Pfund Hellern besitzen. Alle Bürger mussten jedes Jahr am Schwörtag die Statuten, Ordnungen und Satzungen der Stadt, in denen die Rechte und Pflichten der Bürger festgelegt waren, beschwören.
Unter den vielen Rechten der Bürger sei in diesem Zusammenhang wesentliches genannt. Jeder Bürger konnte an der Verwaltung und Regierung der Stadt mitwirken, wenn er durch Wahl dazu bestimmt wurde. Diese Tätigkeit war ehrenamtlich auszuführen. Es gab bis zum Jahr 1552 kein höheres städtisches Amt, das hauptberuflich ausgeübt werden konnte. Untergeordnete Bedienstete erhielten dagegen schon immer einen Lohn ausbezahlt.
Den Rechten der Bürger standen viele Verpflichtungen gegenüber. Wer sie vernachlässigte, musste damit rechnen, dass er das Bürgerrecht verlor. Die erste unter ihnen war die Treue und Gehorsamspflicht. Jeder Bürger musste dem Bürgermeister gehorchen, dem Wohle der Stadt dienen und nach Möglichkeit Schaden und Nachteil von der Stadt abwenden. Es war also Bürgerpflicht, sich zum Schutz- und Wachdienst zur Verfügung zu stellen. Die Waffen hatte dabei jeder Bürger selbst zu beschaffen.«
Rita Joos in ihrem Büchlein "Der Schutz und Wachdienst der Stadt Reutlingen zu Beginn des 16. Jahrhunderts"

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