Samstag, 1. November 2014

1973: In der Zunftstube


Vielleicht weiß doch der ein oder andere mehr mit diesen Bildern aus dem Album von Ruth und Adolf Haussmann anzufangen. Wäre irgendwie schön, wenn wir dazu mehr Hintergrund-Informationen bekämen. Was war mit den Weingärtnern in Reutlingen? War 1973 das letzte Jahr ihrer Zusammenkunft in der Zunftstube. Ist mit "auselige Meedich" der Rosenmontag gemeint? Es wissen doch sonst alle alles... Und die Kommentarspalte ist auch freigeschaltet.
Bildertanz-Quelle:Familie Adolf und Ruth Haussmann

Stadtführer Sven Föll schreibt dazu:

1. Das Rebenmännle ist keinesfalls eine heidnische Figur, sondern geht auf den Heiligen Urban (Schutzpatron der Weingärtner) zurück. Als Reutlingen evangelisch wurde, durfte natürlich kein Heiliger mehr den Zug anführen. Also wurde aus dem Sankt Urban das Rebenmännle.

2. Der Ausselige Meedich hat natürlich nichts mit dem Rosenmontag zu tun (Reutlingen war ja schon sehr früh evangelisch, deswegen kein Fasching oder Karneval). Der Ausselige Meedich hat mit der Wahl in der Reichsstadtzeit zu tun. Der Wahlvorgang war hoch kompliziert und begann am Sonntag nach dem Ulrichstag (4. Juli) damit, daß der alte Rat und die Verwaltungsspitze abgesetzt wurde. Dann wurde Schritt für Schritt neu gewählt, bis am folgenden Sonntag alle gewählten und auch die Bevölkerung vereidigt wurden (Schwörtag). Da also am Montag keine Obrigkeit vorhanden war (die alte abgesetzt, die neue noch nicht gewählt), nutzten die Reutlinger diesen Umstand gnadenlos aus und feierten jedes Jahr unter Führung der Weingärtnerzunft ein riesiges Bürgerfest mit Umzug, Musik, Tanz und Fahnenschwingen. Das war der „Ausselige Meedich“.
Viele Grüße

Sven

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Auf dem Bild von 1973 sehen wir ganz links im gestreiften Pulli Georg Biedermann, den letzten Reutlinger Wengerter – vom GEORGENBERG!!! Sein Weinberg war in Reutlingen zwischen Berggasse und Weinbergweg. Dort betrieb er mit seiner Frau das sogenannte "Rentnerstüble", wo er Bier und eigenen Wein ausschenkte. Er trotzte bis ins hohe Alter allen Wiedrigkeiten und schaffte bis zuletzt an seinen bis zu 100 Jahre alten Rebstöcken bis Anfang der 1990er. Heute stehen an der Stelle mehrere schicke Villen.
Die Biedermanns waren schon seit vielen Generationen Weingärtner. Am Rebenmännle hängt eine Plakette mit diesem Namen aus dem 17. Jahrhundert. Der letzte seiner Art war Georg Biedermann. Nach IHM sollte der Georgenberg eigentlich benannt sein!!!
Wer kannte Herrn Biedermann noch? Wer kennt Weinberg-Geschichten vom Georgenberg?
Gruß *Jergen Berg*