Dienstag, 12. April 2016

Vor 50 Jahren: Der Bau des Rathauses und eine Frage...

(Kommentar) Fanden damals die Reutlinger Räte und Rätinnen ihr neues Rathaus wirklich schön? Oder kamen ihnen, als sie sahen, wie das entstand, was sie mit Beschlüssen vorbereitet hatten, nicht mehr und mehr Bedenken? Dieser aufgerissene Leib wird bestimmt so manchen sensiblen Ratsherrn oder manche sensible Ratsdame in banges Erwarten versetzt haben beim Gang an der Baustelle vorbei in Richtung GWG-Gebäude, das - 2015 abgerissen - damals als Ersatzrathaus diente. Da gründete sich ja ein riesiger Komplex in tiefer Erde! Und mancher Bürger wird sich schaudernd gefragt haben, ob die Bürokratie wirklich soviel (Park-)Platz braucht...
Das Weiße Haus in Reutlingen
Seit 50 Jahren umstritten und gelitten, seit 50 Jahren voller Rat und doch so manches Mal ratlos, seit 50 Jahren eine Demonstration des unbeirrbaren Eigenwillens der Bürokratie haben die Reutlinger bis heute nicht wirklich ihren Frieden mit ihrem Weißen Haus geschlossen. Es ist nicht der Stolz der Bürger geworden - und bei manchem Beamten und manchem Ratsmitglied hat man den Eindruck, dass er es nur toll findet, weil er es toll finden muss. Manchmal möchte man meinen: Es ist weniger ein Denkmal als ein Mahnmal - ein Mahnmal über die Entzweiung von Bürger und Bürokratie. Und insofern ist es vielleicht ehrlicher als manch anderes Rathaus, das sich mit seiner Architektur heimelig oder bürgerstolz in die Stadtlandschaft hineindominiert...
Oder sehe ich das viel zu streng und viel zu eng?  Ihr Raimund Vollmer


Bildertanz-Quelle: Martin Klaus

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Das Reutlinger Rathaus ist - das ist auch meine Überzeugung - ein gutes Beispiel für öffentliche Bauten in der 1. Hälfte der 60er Jahre und daher schützendwert, weil über die Jahrzehnte kaum verändert. Nur - und das ist auch meine Überzeugung - es wurde an der falschen Stelle errichtet und ist eine aus meiner Sicht ewig schwärende Wunde, die der Reutlinger Altstadt zugefügt wurde. Aber hat man den daraus gelernt - nein. Und das, insbesondere das, was in den letzten 20 Jahren an Altstadtsubstanz geopfert wurde (aktiv oder passiv gefördet durch eine inkompetente Stadtspitze) und noch wird, das ist Frevelhaft.

H.R.