Dienstag, 26. September 2017

Im Gerberviertel und Umgebung: DIE GIEBEL VON REUTLINGEN

Mehr als 1000 Jahre alt ist der Begriff "Giebel", meint die Wikipedia. Als ein "Fassadendreieck" bezeichnet das "Architektur-Lexikon" im Internet diese Häuserwand. Und so ist der Giebel auch vorherrschend in Reutlingen, das nach dem Großen Brand von 1726 und dem Bombardement am Ende des 2. Weltkrieges sich erneuern musste. Mit den Flachdächern, die vor allem ein Kennzeichen der Moderne für Funktionsbauten sind, bekamen die Giebeldächer eine mächtige Konkurrenz, die auch auf die Wohnhäuser übergegriffen hat. Bei den Bungalows - vor allem aber bei den Hochhäusern. Das Gerberviertel und die Kernstadt überhaupt ist bis heute eine Domäne der "Fassadendreiecke". Und wenn die archäologischen Recherchen in der Katharinenstraße beendet sind, werden dort, wo früher das Lichtspielhaus Kali uns in andere Welten entführte, wieder Giebelfassaden die neuen Häuser schmücken. Ohne den Versuch, in irgendeiner Form einen Hauch von Romantik und Mittelalter in die Bilder hineinzufotografieren, sind diese Aufnahmen entstanden. Einfach so wie sie sind, auch in ihrem kunterbunten Arrangement, wie es im Lauf der Zeiten entstanden ist. Diese Bilder geben Reutlingen nichts Typisches, aber das schaffen auch nicht die Flachdachbauten rund um die Stadthalle, auch nicht die Obere Wässere. Vielleicht ist dies das größte Manko, das 70 Jahre nach Kriegsende immer noch nicht behoben wurde: die vom Krieg geschundenen Städte sind im einfallslosen Wiederaufbau steckengeblieben. Es ist die Aufgabe der gegenwärtigen und zukünftigen Generationen dies nun zu korrigieren. "Stadtplanung", wie wir sie unter der Obhut einer von oben sanktionierten Bauleitplanung erlebt haben, braucht eine weitaus stärkere Bindung an das Leben (und nicht nur an die Funktionen) der Menschen. Bürgerbeteiligung ist gefragt, aber nicht als eine gönnerische Geste der Stadtverwaltung und der Stadträte. Bürgerbeteiligung ist kein Geschenk dieser Institutionen, sondern ein Recht - so unbestimmt es auch in seiner Konsequenz ist.  Raimund Vollmer











Bildertanz-Quelle:Raimund Vollmer

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