Zeitzeugen aus unserer Region berichten vor der Kamera vom
Kriegsende vor 75 Jahren: Filmnachmittag am Sonntag, 26. Januar im Ev.
Gemeindesaal der Johanneskirche. Beginn: 15.00 Uhr
1945: Zwischen Gnade und
Grauen
Es ist der 20. April 1945. Umsturz sagte man damals,
Befreiung heute. In Reutlingen und Umgebung ist der Krieg zu Ende. Die
Franzosen marschieren ein. Wie es den Menschen damals ging, was sie erlebten,
hat der Journalist Raimund Vollmer in den letzten zehn Jahren in rund 30
Interviews mit der Kamera festgehalten. Menschen aus unserer Region berichten
mit unglaublicher Intensität und Authentizität, was ihnen damals widerfuhr. Das
geht unter die Haut, hat aber auch durchaus heitere Aspekte, wenn Lichtensteiner
Bürger wie Karl Häbe, Max Henker, Gerhard Weißschuh, Erich Rehm oder Emilie
Rohe erzählen. Sie werden begleitet von Menschen, die im Pfullinger
Frauenaufstand um ihre Mütter zitterten, die das Bombardement Reutlingens und
die Tiefflieger überlebten oder die den Einmarsch der Franzosen miterlebten.
Die Ängste der Mädchen vor den Soldaten, die Hamsterfahrten und das Ährenlesen
- die unendlich vielen Kapriolen, die der Krieg zeitigte, sind Bestandteil
dieses anderthalbstündigen, hoch emotionalen Werkes. (Es gibt zwischendurch
eine Pause)
Wenn dieser Film nun am Sonntag, 26. Januar 2020 (Beginn:
15.00 Uhr), im Ev. Gemeindesaal der Johanneskirche zu sehen sein wird, dann
würdigt der Autor auch den Ort, an dem er 2009 die ersten Interviews geführt
hat, und den Verein, der ihn von Anfang an unterstützt hat. "Der
Geschichts- und Heimatverein Lichtenstein (GHV) hat damals die ersten
Zeitzeugen eingeladen. Das war der Startschuss zu diesem Filmprojekt",
berichtet Vollmer, selbst Mitglied im GHV. "Ich habe nicht geahnt, was
damit alles an Geschichten auf mich zukommen sollte." Da gibt es durchaus
brisante Anekdoten rund um Oskar Kalbfell, der den Franzosen mit der
Friedensfahne entgegenging und als Oberbürgermeister von Reutlingen alle
umliegenden Orschaften (wie z.B. Unterhausen) eingemeindete. (Übrigens wurde
Kalbfell - das wird man auch erfahren - mal von einem Lichtensteiner angespuckt.)
Da wird auf herzergreifende Weise erzählt, wie Väter aus dem Krieg
zurückkehrten und von den eigenen Kindern und Ehefrauen nicht wiedererkannt
wurde. Es ist so viel Stoff, dass manches selbst den Autor, der diese Szenen
oft stundenlang bearbeitet hat, immer noch zu Tränen rührt. "Der ganze
Unsinn eines Krieges wird einem zutiefst offenbar. Wir müssen diesen Menschen,
die hier ihre Geschichte erzählen, unendlich dankbar sein - für ihren Mut und
ihre Bereitschaft, sich der Kamera zu stellen."
Überall in unserer Region hat Vollmer Menschen interviewt,
oftmals an den seltsamsten Orten: Begegnungen unterwegs bei einem Spaziergang,
in Tiefgaragen und Kellern und bei Veranstaltungen - vor allem aber ganz
gezielt bei Besuchen in den Wohnungen von Zeitzeugen. Vollmer: "Es ist
Geschichte von unten, aus den ganz persönlichen Erinnerungen von Menschen, die
das alles miterlebt haben. Es wird nicht danach gefragt, was Historiker dazu
sagen, im Mittelpunkt steht die pure Erinnerung." Der Eintritt ist frei.
Bildertanz-Quelle:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen