Montag, 20. Januar 2020

Was geschah am 20. April 1945? Zeitzeugen aus dem Kreis Reutlingen berichten




Zeitzeugen aus unserer Region berichten vor der Kamera vom Kriegsende vor 75 Jahren: Filmnachmittag am Sonntag, 26. Januar im Ev. Gemeindesaal der Johanneskirche. Beginn: 15.00 Uhr
1945: Zwischen Gnade und Grauen
Es ist der 20. April 1945. Umsturz sagte man damals, Befreiung heute. In Reutlingen und Umgebung ist der Krieg zu Ende. Die Franzosen marschieren ein. Wie es den Menschen damals ging, was sie erlebten, hat der Journalist Raimund Vollmer in den letzten zehn Jahren in rund 30 Interviews mit der Kamera festgehalten. Menschen aus unserer Region berichten mit unglaublicher Intensität und Authentizität, was ihnen damals widerfuhr. Das geht unter die Haut, hat aber auch durchaus heitere Aspekte, wenn Lichtensteiner Bürger wie Karl Häbe, Max Henker, Gerhard Weißschuh, Erich Rehm oder Emilie Rohe erzählen. Sie werden begleitet von Menschen, die im Pfullinger Frauenaufstand um ihre Mütter zitterten, die das Bombardement Reutlingens und die Tiefflieger überlebten oder die den Einmarsch der Franzosen miterlebten. Die Ängste der Mädchen vor den Soldaten, die Hamsterfahrten und das Ährenlesen - die unendlich vielen Kapriolen, die der Krieg zeitigte, sind Bestandteil dieses anderthalbstündigen, hoch emotionalen Werkes. (Es gibt zwischendurch eine Pause)
Wenn dieser Film nun am Sonntag, 26. Januar 2020 (Beginn: 15.00 Uhr), im Ev. Gemeindesaal der Johanneskirche zu sehen sein wird, dann würdigt der Autor auch den Ort, an dem er 2009 die ersten Interviews geführt hat, und den Verein, der ihn von Anfang an unterstützt hat. "Der Geschichts- und Heimatverein Lichtenstein (GHV) hat damals die ersten Zeitzeugen eingeladen. Das war der Startschuss zu diesem Filmprojekt", berichtet Vollmer, selbst Mitglied im GHV. "Ich habe nicht geahnt, was damit alles an Geschichten auf mich zukommen sollte." Da gibt es durchaus brisante Anekdoten rund um Oskar Kalbfell, der den Franzosen mit der Friedensfahne entgegenging und als Oberbürgermeister von Reutlingen alle umliegenden Orschaften (wie z.B. Unterhausen) eingemeindete. (Übrigens wurde Kalbfell - das wird man auch erfahren - mal von einem Lichtensteiner angespuckt.) Da wird auf herzergreifende Weise erzählt, wie Väter aus dem Krieg zurückkehrten und von den eigenen Kindern und Ehefrauen nicht wiedererkannt wurde. Es ist so viel Stoff, dass manches selbst den Autor, der diese Szenen oft stundenlang bearbeitet hat, immer noch zu Tränen rührt. "Der ganze Unsinn eines Krieges wird einem zutiefst offenbar. Wir müssen diesen Menschen, die hier ihre Geschichte erzählen, unendlich dankbar sein - für ihren Mut und ihre Bereitschaft, sich der Kamera zu stellen."
Überall in unserer Region hat Vollmer Menschen interviewt, oftmals an den seltsamsten Orten: Begegnungen unterwegs bei einem Spaziergang, in Tiefgaragen und Kellern und bei Veranstaltungen - vor allem aber ganz gezielt bei Besuchen in den Wohnungen von Zeitzeugen. Vollmer: "Es ist Geschichte von unten, aus den ganz persönlichen Erinnerungen von Menschen, die das alles miterlebt haben. Es wird nicht danach gefragt, was Historiker dazu sagen, im Mittelpunkt steht die pure Erinnerung." Der Eintritt ist frei.
 

Bildertanz-Quelle:

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