... aber er war unser Lateinlehrer in der elften Klasse eines Gymnasiums in Düsseldorf. Mangels qualifizierter Altsprachler war der gute Mann, der in Wirklichkeit Schwanitz hieß, aus dem Ruhestand zurückgerufen worden, und er unterrichtete uns nun. Wir hatten natürlich schnell heraus, dass er nicht mehr zu den schnellsten und wachsamsten Paukern gehörte, und das nutzten wir nach allen Regeln der Kunst aus. Keiner von uns machte mehr seine Hausaufgaben. Wozu gab es den Pons, die streichholzschachtelgroße Übersetzungshilfe. Sie half auch bei Klassenarbeiten.
Eines Morgens verlangte "Opi", dass ein Mitschüler namens Gerhard Schröder (hat nichts mit dem späteren Bundeskanzler zu tun), seine Hausaufgaben vorlas. Schröder (wir nannten uns alle beim Nachnamen) nahm sein Heft, das zugleich den Pons verbarg - und las den Text vor. Opi war sichtlich zufrieden, aber keineswegs senil. "Nun, lieber Schröder, dann zeigen Sie mir mal Ihr Heft", meinte er am Ende des Vortrags. Jetzt war alles aufgeflogen. Die Katastrophe war da. Doch mit unerschütterlicher Ruhe antwortete unser Gerd: "Oh, Herr Schwanitz, das tut mir aber leid. Ich stelle gerade fest, dass ich mein Heft vergessen habe..."
Was danach geschah, weiß ich nicht mehr.
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