Sonntag, 19. Mai 2013

Ein Pfingstbeitrag: Der Geist des Bildertanzes



Es war in den vergangenen Wochen der wiederholte Versuch, mich in meiner Arbeit als Blogger zu beeindrucken - und der Versuch kam aus Ecken, aus denen ich das nicht erwartet hatte. Es ging um Kleinigkeiten in den Veröffentlichungen, nicht darum, dass etwas falsch dargestellt wurde, also um Irrtümer oder Fehler meinerseits. Solche Hinweise nimmst Du mit Dankbarkeit auf, du vertraust sogar darauf, dass deine Fehler korrigiert werden. Es ging auch nicht darum, dass ich in Kommentaren oder anderen Formen des Meinungsbeitrages mich abfällig über andere geäußert habe. (Ich hoffe, dass ich mir in dieser Beziehung nichts vorzuwerfen habe). Es ging eher darum, dass ich mit dem aneckte, was meinem Selbstverständnis als Journalist entsprach, also mit dem Wunsch zu informieren und zu erinnern. Damit gerät man mitunter auf Felder, die nicht jedem gefallen.
Ich tat und tue dies nicht in böser, heimtückischer Absicht, sondern weil ich - wie jeder Journalist - zutiefst davon überzeugt bin, dass der Leser in der Lage ist, sich eine eigene Meinung zu bilden. (Alles andere wäre ja auch arrogant.)
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es alles andere als ein Erholungsbad ist, wenn man als Person selbst Gegenstand einer Berichterstattung oder eines Kommentars ist, die einem von vorne bis hinten nicht gefallen. Wer sich in die Öffentlichkeit begibt, muss das aushalten können - so schwer das auch manchmal fällt.
Man kann auf dreierlei Art & Weise damit fertig werden: entweder man ignoriert dies (was zumeist die beste aller Lösungen ist, weil sie einfach dem Leser vertraut), man antwortet mit einer Richtigstellung (die zumeist nach Rechtfertigung klingt und deshalb nur zweite Wahl sein kann), oder man zieht sich zurück (ob vornehm oder beleidigt ist dabei unwichtig) und schickt andere vor.
Das ist die Situation als Betroffener.        
Gilt sie in ähnlicher Form auch für den, der schreibt? Soll er erst gar nicht das schreiben, was andere treffen könnte, gleichsam um des lieben Frieden Willen? Das ist sehr bequem. Ich bin jetzt seit 40 Jahren im Journalistenberuf - und ich habe mich am Ende durchweg über mich selbst geärgert, wenn ich unter Umgehung allen Ärgers zurückgehalten habe. Ich habe gemerkt, dass diese Haltung falsch ist. Nein, man sollte die Dinge beim Namen nennen und dem Leser vertrauen. Wie ist dies nun bei Blogs? Wie soll man sich da verhalten? 
Wie viel Journalismus verträgt zum Beispiel der Bildertanz? Ist er vielleicht nur eine Veranstaltung der schönen Bilder und Erinnerungen? Als Urheber des Bildertanzes und seiner Blogs maß ich mir das Recht an, in dieser Beziehung die Richtlinien festlegen zu dürfen. Es ist die sogenannte verlegerische Richtlinienkompetenz, es sind die Richtlinien, nach denen ich vor 40 Jahren journalistisch erzogen worden bin.
Weil für mich die Meinungsfreiheit eines der wichtigsten Errungenschaften der vergangenen 250 Jahre ist und untrennbar zu den Menschenrechten gehört, der größten geistigen Errungenschaften der Menschheit überhaupt, tue ich mich hier äußerst schwer mit jeglicher Einschränkung. Deswegen bin ich auch dagegen, dass Dritte ungefragt Kommentare anderer löschen (es sei denn, es sind eindeutig Spams). Es gibt in unseren Blogs auch Beiträge anderer, zu denen ich eine andere Meinung habe. Ich habe noch nie von einem Mitblogger gefordert, dass er diesen Beitrag löscht oder verändert. Ebenso denke ich über Kommentare. Bei uns hat jeder die Möglichkeit, auch anonym seine Meinung kundzutun. Solange sie nicht andere beleidigt, werde ich diese Kommentare niemals löschen. Ich bin überzeugt, dass meine Mitblogger ebenso denken. (Ich selbst habe nur ein einziges Mal, die Kommentierung eines eigenen Blogeintrags durch Dritte gesperrt, weil ich damit eine bestimmte Reaktion auslösen wollte. Ich bekam darüber genau die Empörung über mein "Fehlverhalten", die ich haben wollte.)
Auch wenn jemand seinen eigenen Blogeintrag aus Gründen, die nur er kennt, löscht, dann habe ich das nie hinterfragt. Das ist seine Verantwortung. Im Bildertanz-Blog kann jeder nach seiner Facon glücklich werden. Und im Grunde genommen erwarte ich von meinen Mitbloggern, dass sie ähnlich denken. Deswegen müssen wir noch lange nicht einer Meinung darüber sein, wie sich der ein oder andere hier einbringt. Der Bildertanz ist ein bürgerlich-liberales Umfeld.
Es gibt Blogger, die aktuellen Konfliktfeldern grundsätzlich aus dem Wege gehen. Es gibt andere, die sich heißblütig auf solche Themen stürzen. Es gibt wieder welche, die aus allem eine bunte Mischung machen. Aber hinter jedem spürt man das persönliche Engagement, den Spaß an der Sache. Und der ist entscheidend. Wir sprechen mit vielen Zungen, aber nie mit einer gespaltenen.
An den Seiten des Bildertanzes standen und stehen immer wieder Organisationen, die versuchen, Einfluss zu nehmen. Direkt oder indirekt. In gewisser Weise ist das auch ein Kompliment. Wir zeigen Wirkung. Aber niemand kann über den Bildertanz verfügen. Und ich habe den Eindruck, dass wir in diesem Geist als Blogger miteinander verbunden sind. Man kann darüber streiten, ob der ein oder andere Beitrag angemessen ist. Eine solche Auseinandersetzung gehört zur Demokratie wie die Gewaltentrennung, zu der die Presse als sogenannte vierte Macht informell gehört.
Unter jedem Beitrag steht ein Name, eine Person, ein Individuum, keine Institution. Natürlich sind wir stolz darauf, dass hinter manchem dieser Menschen Geschichts- und Heimatvereine stehen, die uns unterstützen und selbstverständlich auch ihre Interessen (Veranstaltungshinweise etc.) einbringen. Offen und ehrlich.
Aber keine Institution hat das Recht, die Beiträge anderer zu löschen oder löschen zu lassen. Diese Rechte betreffen nur die eigenen Beiträge. Wer damit nicht einverstanden ist, von dem werden wir uns im Namen der Presse- und Meinungsfreiheit trennen. Wir leben von dem Idealismus unserer Autoren und all den Hunderten von Mitbürgern, die uns ihre Bilder zur Verfügung stellen. Aus dieser Haltung beziehen wir unser Selbstverständnis. Dafür stehen wir. Das ist der Geist des Bildertanzes. Bald gibt es uns als Blog fünf Jahre. Eine lange Zeit im Internet. Und wir sind stolz auf unser Durchstehvermögen.
Bedanken möchte ich mich im Namen des gesamten Bildertanzes bei allen, die souverän es ausgehalten haben, wenn im Bildertanz einmal ein Beitrag gestanden hat, der sie persönlich betraf und nicht auf unbedingtes Wohlgefallen gestoßen ist. Sie sind die heimlichen Helden des Bildertanzes.

Euer
Raimund Vollmer

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