Freitag, 31. Januar 2014

K8 Katharinenstraße Reutlingen: Was wäre wenn...


... die Katharinenstraße abgerissen würde...fragt sich unsere Altbauinstandsetzerin Frau Kurz und befindet: Frau Kurz:
"Ich meine, genauso wie der Geschichtsverein Reutlingen: Das Gebäude Katharinenstraße 10, das Gebäude mit 'dem Knick', muss erhalten bleiben."



Fotos von Markus Niethammer und einen Kommentar von RV HIER.
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DOKUMENTATION: So sieht es es der Geschichtsverein Reutlingen

Bebauungsplan „Katharinen-/Hofstattstraße – K8“




Stellungnahme des Geschichtsvereins/Arbeitskreis Altstadt





Das geplante Neubauvorhaben „K 8“ erfüllt uns – vor allem mit Blick auf die Katharinenstraße – mit großer Sorge. Aus unserer Sicht müsste der enorme Verlust an – in weitestem Sinn – historischer Bausubstanz in einem für die Reutlinger Altstadt so wichtigen und sensiblen Bereich unbedingt verhindert werden!

Wir erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass  der Geschichtsverein im Jahre 2003 auf Wunsch von Frau EBM Hotz eine Liste mit Gebäuden in der Altstadt vorlegte, die aus seiner Sicht für die Erhaltung des Bildes der Altstadt von herausragender Bedeutung sind. Dabei  wurden Straßen oder Straßenabschnitte benannt, die dringend unter Ensembleschutz im Sinne des Denkmalschutzgesetzes gestellt werden müssten. Zu den besonders erhaltenswerten Straßen dieser Liste gehörte vor allem die Katharinenstraße. Unsere damalige Begründung lautete:

„In der gesamten Katharinenstraße vom Marktplatz bis zum Tübinger Tor hat sich das Stadtbild aus der Zeit nach – und zum Teil auch vor – dem Stadtbrand besonders gut erhalten. Durch den leichten Schwung der Straße, das Tübinger Tor als bedeutendem Blickfang und die vielgestaltige Bebauung ergibt sich eines der malerischsten Straßenbilder der Altstadt, das daher besonderen Schutz verdient.“

Seit man sich in den 1970er Jahren intensiver mit der Stadtbildpflege befasste, galt als Konsens, dass der aus vielerlei Gründen heute so nicht mehr reproduzierbare Charme der Altstadt in unterschiedlichen Gebäudebreiten, in unterschiedlichen Dachneigungen innerhalb einer Reihe, in variierenden Trauf- und Firsthöhen benachbarter Gebäude bestände. Zudem sind die Fassaden durch wechselnde Fensterabstände und -größen und Gesimse lebendig gegliedert und weisen liebenswerte Details wie die schmiedeeisernen Fenstergitter und die profilierten Auskragungen an Nr. 8 oder ein Fenster mit einem halben Rundbogen an Nr. 10 der Katharinenstraße auf. Darüber hinaus sind Gebäudefluchten nebeneinanderstehender Häuser selten gradlinig. Dies alles macht die Reize der Altstadt gerade auch in der Katharinenstraße aus, die durch keine Neubauten ersetzt werden können, auch wenn diese sich um Einpassung bemühen.

Dies gilt unverändert. Wir fügen aus heutiger Sicht hinzu: Bei der Katharinenstraße handelt es sich um das größte, noch geschlossen erhaltene Ensemble der Altstadt von 23 über dem EG meist mit nur geringen Veränderungen erhaltenen Häusern! Lediglich die Nr. 12 erfuhr einen größeren, der historischen Umgebung jedoch angepassten Umbau. Dagegen weist das vergleichbare Ensemble, die obere Wilhelmstraße, nicht zuletzt durch die Abbrüche der jüngsten Zeit, bereits mehrere Lücken in der Substanz auf.

Bei der Konzeption der neuen Stadthalle hat man darauf verwiesen, dass gerade in der nahegelegenen malerischen Katharinenstraße der reizvolle Kontrast zwischen moderner Architektur und Altstadt in fußläufiger Entfernung gut erlebbar sei. Auch aus stadtgeschichtlicher Sicht kommt der Katharinenstraße eine herausragende Bedeutung zu: Sie verbindet eines der großen Stadttore mit dem Marktplatz und bildet somit die zentrale Ost-West-Achse der ehemaligen Reichsstadt.

Wie in unserer Ergänzungsliste vorgeschlagen, sollten die Gebäude Katharinenstraße 8 und 10 auf ihre Denkmaleigenschaft noch einmal überprüft werden. Auf die in der Reutlinger Altstadt singuläre, an einen Polygonalchor gotischer  Sakralbauten erinnernde Eckausbildung der Nr. 10 sollte dabei ein besonderes Augenmerk gerichtet werden. In jedem Fall müssten u. E. alle von der Neubauplanung betroffenen Gebäude im Vorfeld durch einen Bauforscher sowie in der archivalischen Überlieferung auf bauliche und stadtgeschichtliche Besonderheiten untersucht werden.

Fazit

Der Reutlinger Geschichtsverein hält das geplante Projekt für unverträglich mit der Reutlinger Altstadt.. Der vorgesehene Abriss von weiteren sechs keineswegs baufälligen oder nicht mehr sanierungsfähigen Gebäuden stellt einen bedenklichen Verlust an historischer Substanz dar. Ein so großer Komplex an Neubauten wäre, selbst bei angepasster Gestaltung, ein eklatanter Eingriff in das Straßenbild der Katharinenstraße.

Nach der „Müller-Galerie“ in der Wilhelmstraße und dem Neubauprojekt in der Schmied- und Schreinerstraße würde es sich um den dritten Flächenabriss und das zweite Einkaufszentrum im Herzen der Altstadt innerhalb weniger Jahre handeln! Dass seit Kriegsende kein Jahrzehnt ohne solche Flächensanierungen in der Reutlinger Altstadt verging, sei nur am Rande erwähnt. So bedauerlich Einzelabrisse wie jüngst in der oberen Wilhelmstraße sind, diese waren,– bezogen auf die Altstadt als Ganzes –, substanziell und gestalterisch zu verschmerzen. Ein Großprojekt wie das neue Einkaufszentrum weist demgegenüber eine andere Qualität auf und hat für Struktur und Charakter der Altstadt gravierendere Folgen. Die Reutlinger Altstadt würde ein weiteres Stück ihrer Identität verlieren!

Wir sind insgesamt an einem Punkt angelangt, wo die Summe an Veränderungen in eine neue Qualität unseres Stadtbildes umschlägt,– eine Altstadt ohne alte Häuser!. Diese Gefahr müsste in den Entscheidungsgremien und in der Öffentlichkeit deutlicher gemacht und entsprechend diskutiert werden. Unseres Erachtens ist die bisherige Diskussion zu diesem Objekt zu sehr auf die sicher vorhandenen Vorteile des Einzelfalles bezogen, die gravierenden Auswirkungen auf die Altstadt als Ganzes werden zu wenig berücksichtigt.


 

(Dr. Wilhelm Borth
Vorsitzender des Reutlinger Geschichtsvereins)


Reutlingen, 9. März 2013
 

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

EBM Hotz? Ersatzbürgermeisterin oder was?

Anonym hat gesagt…

Der Stelllungnahme des Geschichtsvereins ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen was die Front zur Katharinenstrasse anlangt.Selbstverständlich besteht ein Handlungsbedard hinsichtlich des Kinos und der in der Hofstatt befindlichen sonstigen Flächen. Aber bedarf es denn des Kahlschlags, den der Investor beabsichtigt. Ich würde vorschlagen, abspecken, neuer Investor und neuer kreativerer Architekt, dann könnte eine kleinteiliger Nutzung und eventuell auch Wohnraum geschaffen werden. Ich werde jetzt böse, da sollen das Verwaltungsgebäude der GWG und die Häuser bis zu Ebertstrasse weichen, mit diesem hierfür vorgesehenen Investitionsvolumen hätte man auch in K8 doch wahrlich sinnvolleres und entsprechend der Aufgabenstellung der Städt. Wohnbaugesellschaft tätig werden können. Mal gespannt wie das Ganze ausgeht.

H.R.