... die Katharinenstraße abgerissen würde...fragt sich unsere Altbauinstandsetzerin Frau Kurz und befindet: Frau Kurz:
"Ich meine, genauso wie der Geschichtsverein Reutlingen: Das Gebäude Katharinenstraße 10, das Gebäude mit 'dem Knick', muss erhalten bleiben."
Fotos von Markus Niethammer und einen Kommentar von RV HIER.
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DOKUMENTATION: So sieht es es der Geschichtsverein Reutlingen
Bebauungsplan „Katharinen-/Hofstattstraße – K8“
Stellungnahme
des Geschichtsvereins/Arbeitskreis Altstadt
Das geplante
Neubauvorhaben „K 8“ erfüllt uns – vor allem mit Blick auf die Katharinenstraße
– mit großer Sorge. Aus unserer Sicht müsste der enorme Verlust an – in
weitestem Sinn – historischer Bausubstanz in einem für die Reutlinger Altstadt
so wichtigen und sensiblen Bereich unbedingt verhindert werden!
Wir erinnern
in diesem Zusammenhang daran, dass der
Geschichtsverein im Jahre 2003 auf Wunsch von Frau EBM Hotz eine Liste mit
Gebäuden in der Altstadt vorlegte, die aus seiner Sicht für die Erhaltung des
Bildes der Altstadt von herausragender Bedeutung sind. Dabei wurden Straßen oder Straßenabschnitte
benannt, die dringend unter Ensembleschutz im Sinne des Denkmalschutzgesetzes
gestellt werden müssten. Zu den besonders erhaltenswerten Straßen dieser Liste
gehörte vor allem die Katharinenstraße. Unsere damalige Begründung lautete:
„In der gesamten Katharinenstraße vom
Marktplatz bis zum Tübinger Tor hat sich das Stadtbild aus der Zeit nach – und
zum Teil auch vor – dem Stadtbrand besonders gut erhalten. Durch den leichten
Schwung der Straße, das Tübinger Tor als bedeutendem Blickfang und die
vielgestaltige Bebauung ergibt sich eines der malerischsten Straßenbilder der
Altstadt, das daher besonderen Schutz verdient.“
Seit man sich
in den 1970er Jahren intensiver mit der Stadtbildpflege befasste, galt als
Konsens, dass der aus vielerlei Gründen heute so nicht mehr reproduzierbare
Charme der Altstadt in unterschiedlichen Gebäudebreiten, in unterschiedlichen
Dachneigungen innerhalb einer Reihe, in variierenden Trauf- und Firsthöhen benachbarter
Gebäude bestände. Zudem sind die Fassaden durch wechselnde Fensterabstände und
-größen und Gesimse lebendig gegliedert und weisen liebenswerte Details wie die
schmiedeeisernen Fenstergitter und die profilierten Auskragungen an Nr. 8 oder
ein Fenster mit einem halben Rundbogen an Nr. 10 der Katharinenstraße auf.
Darüber hinaus sind Gebäudefluchten nebeneinanderstehender Häuser selten
gradlinig. Dies alles macht die Reize der Altstadt gerade auch in der
Katharinenstraße aus, die durch keine Neubauten ersetzt werden können, auch
wenn diese sich um Einpassung bemühen.
Dies gilt
unverändert. Wir fügen aus heutiger Sicht hinzu: Bei der Katharinenstraße
handelt es sich um das größte, noch geschlossen erhaltene Ensemble der Altstadt von 23
über dem EG meist mit nur geringen Veränderungen erhaltenen Häusern! Lediglich
die Nr. 12 erfuhr einen größeren, der historischen Umgebung jedoch angepassten
Umbau. Dagegen weist das vergleichbare Ensemble, die obere Wilhelmstraße, nicht
zuletzt durch die Abbrüche der jüngsten Zeit, bereits mehrere Lücken in der
Substanz auf.
Bei
der Konzeption der neuen Stadthalle hat man darauf verwiesen, dass gerade in
der nahegelegenen malerischen Katharinenstraße der reizvolle Kontrast zwischen
moderner Architektur und Altstadt in fußläufiger Entfernung gut erlebbar sei.
Auch aus
stadtgeschichtlicher Sicht kommt der Katharinenstraße eine herausragende Bedeutung
zu: Sie verbindet eines der großen Stadttore mit dem Marktplatz und bildet somit
die zentrale Ost-West-Achse der
ehemaligen Reichsstadt.
Wie in
unserer Ergänzungsliste vorgeschlagen, sollten die Gebäude Katharinenstraße 8
und 10 auf ihre Denkmaleigenschaft noch einmal überprüft werden. Auf die in der
Reutlinger Altstadt singuläre, an einen Polygonalchor gotischer Sakralbauten erinnernde Eckausbildung der Nr.
10 sollte dabei ein besonderes Augenmerk gerichtet werden. In jedem Fall
müssten u. E. alle von der Neubauplanung betroffenen Gebäude im Vorfeld durch
einen Bauforscher sowie in der archivalischen Überlieferung auf bauliche und
stadtgeschichtliche Besonderheiten untersucht werden.
Fazit
Der Reutlinger Geschichtsverein hält das geplante Projekt
für unverträglich mit der Reutlinger Altstadt.. Der vorgesehene Abriss von
weiteren sechs keineswegs baufälligen oder nicht mehr sanierungsfähigen
Gebäuden stellt einen bedenklichen Verlust an historischer Substanz dar. Ein so
großer Komplex an Neubauten wäre, selbst bei angepasster Gestaltung, ein
eklatanter Eingriff in das Straßenbild der Katharinenstraße.
Nach der „Müller-Galerie“ in der Wilhelmstraße
und dem Neubauprojekt in der Schmied- und Schreinerstraße würde es sich um den
dritten Flächenabriss und das zweite Einkaufszentrum im Herzen der Altstadt
innerhalb weniger Jahre handeln! Dass seit Kriegsende kein Jahrzehnt ohne
solche Flächensanierungen in der Reutlinger Altstadt verging, sei nur am Rande
erwähnt. So bedauerlich Einzelabrisse wie jüngst in der oberen Wilhelmstraße
sind, diese waren,– bezogen auf die Altstadt als Ganzes –, substanziell und
gestalterisch zu verschmerzen. Ein Großprojekt wie
das neue Einkaufszentrum weist demgegenüber eine andere Qualität auf und
hat für Struktur und Charakter der Altstadt
gravierendere Folgen. Die Reutlinger Altstadt würde
ein weiteres Stück ihrer Identität verlieren!
Wir sind insgesamt an einem Punkt angelangt, wo die Summe
an Veränderungen in eine neue Qualität unseres Stadtbildes umschlägt,– eine
Altstadt ohne alte Häuser!. Diese Gefahr müsste in den Entscheidungsgremien und
in der Öffentlichkeit deutlicher gemacht und entsprechend diskutiert werden.
Unseres Erachtens ist die bisherige Diskussion zu diesem Objekt zu sehr auf die
sicher vorhandenen Vorteile des Einzelfalles bezogen, die gravierenden
Auswirkungen auf die Altstadt als Ganzes werden zu wenig berücksichtigt.
(Dr. Wilhelm Borth
Vorsitzender
des Reutlinger Geschichtsvereins)
Reutlingen,
9. März 2013
2 Kommentare:
EBM Hotz? Ersatzbürgermeisterin oder was?
Der Stelllungnahme des Geschichtsvereins ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen was die Front zur Katharinenstrasse anlangt.Selbstverständlich besteht ein Handlungsbedard hinsichtlich des Kinos und der in der Hofstatt befindlichen sonstigen Flächen. Aber bedarf es denn des Kahlschlags, den der Investor beabsichtigt. Ich würde vorschlagen, abspecken, neuer Investor und neuer kreativerer Architekt, dann könnte eine kleinteiliger Nutzung und eventuell auch Wohnraum geschaffen werden. Ich werde jetzt böse, da sollen das Verwaltungsgebäude der GWG und die Häuser bis zu Ebertstrasse weichen, mit diesem hierfür vorgesehenen Investitionsvolumen hätte man auch in K8 doch wahrlich sinnvolleres und entsprechend der Aufgabenstellung der Städt. Wohnbaugesellschaft tätig werden können. Mal gespannt wie das Ganze ausgeht.
H.R.
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