Stattmilieu: Im Quartier der Schachteln
Sie
haben nun das Sagen in unserer Stadt - die Flachdachbauten rund um die
Stadthalle. Ob sie Reutlingen tatsächlich jenes Ambiente geben, das
notwendig ist, um sich eine großstädtische Silhouette zu geben, ist
sicherlich eine Frage, über die sich trefflich streiten lässt. Tatsache
scheint jedenfalls zu sein, dass unser aller Goethe doch Recht hatte,
als er mal meinte, dass die Architektur jene Kunst sei, die der Macht am
nächsten stünde - sei es nun öffentliche oder wirtschaftliche Macht.
Was verschwindet, was man jetzt oder in wenigen Jahren noch bitter
bereuen wird, dessen Fehlen auch der neue Begriff des Quartiers nicht
kompensieren kann, das ist der Begriff des Milieus. Ich glaube, dass ich
da nicht ganz falsch liege, wenn ich behaupte, dass der Begriff des
Milieus selbst bereits aus unserem Wortschatz verschwunden ist oder
klinisch hinweggentrifiziert wird - und wir mit unserer Kritik an der
Stadt hier im BILDERTANZ exakt dies meinen.
Dem Ensemble der "Tonne", deren Neubau wir - Roland, Werner und ich -
gestern besichtigen konnten, wird genau das fehlen - das Milieu der
Planie. Das ist übrigens keine Kritik an der neuen "Tonne", die ja nun
auch eine Schachtel ist - auch ihre Spiegelwand wird in ihrer
tausendfachen Projektion der Umgebung uns das nicht widergeben können,
was wir über alle rechteckig verpflasterten Plätze und Schachteln hinweg
vermissen werden: eben dieses Milieu.
Raimund Vollmer
Bildertanz-Quelle: RV
1 Kommentar:
Paßt zur Endzeit.
So etwas Häßliches macht sich gut als eingestürzte Ruine.
Das Gerippe vom WTC sah auch gigantisch schön aus.
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