Freitag, 2. Mai 2014

April 1945: Reutlingen und die Bilanz eines Krieges

Es gibt Städte, die es schlimmer erwischt hat als Reutlingen. Trotzdem war auch hier der Schaden durch die Bombenangriffe erheblich. Elf Prozent der Häuser waren total zerstört, vier Prozent waren schwer beschädigt, 32 Prozent hatten zumindest leichte Schäden davongetragen. Die Hotels wie "Kronprinz", "Adler", "Post", "Traube" gab es nicht mehr. Die Gebäude der Geldinstitute wie Volksbank, Dresdner Bank und Bankhaus Ruoff bestanden nur noch aus Trümmern. Zerstört waren auch die Listhalle, die große und die kleine Turnhalle an der Rennwiese. Nur noch Ruinen erinnerten daran, dass am Marktplatz einmal ein sehr schönes Rathaus stand. Geschäftshäuser waren verschwunden. Überall Trümmerberge. 170.000 Kubikmeter Schutt. Die Karlstraße war eine Kahlstraße. 

 Bildertanz-Quelle: Sammlung Bert Wagner
Der Bahnhof in zwei Hälften geschlachtet. Tausende Menschen ohne Obdach - und alsbald setzten die Flüchtlingsströme ein. Keine gute Situation vor nunmehr bald 70 Jahren. Allein beim dritten Bombenhagel, am 1. März 1945, der um 14.03 Uhr einsetzte, stürzten 600 Sprengbomben und 1100 Stabbandbomben auf unsere Stadt hernieder. 74 feindliche Bomber donnerten über Reutlingen hinweg. 121 Menschen starben, 72 Bürger wurden verletzt, 500 Menschen waren danach ohne Dach über dem Kopf. 175 Großbrände machten sechs Fabriken dem Erdboden gleich, zwei weitere wurden massiv getroffen. Insgesamt seien 2500 Sprengbomben auf Reutlingen abgeworfen worden. Die Gebäude der Firma Gminder an der Bismarckstraße brannten lichterloh. Selbst der Bunker am Bahnhof konnte der Zerstörungskraft der Bomben nicht widerstehen. Nur wenige Menschen, die in den Bunker geflüchtet waren, konnten sich retten. Insgesamt starben 407 Menschen, Kinder, Frauen und Männer, in den drei Bombenhageln, 438 wurden schwer verletzt.
Alles neu - und doch schon wieder verschwunden oder totalverändert.
Im Hintergrund entstand das Parkhotel, heute hat sich hier der Kronprinzenbau einbetoniert: am Listplatz. (Bild oben: Michael Thiel)

Ein einziges Trümmelfeld: die Karlstraße 1945

 Ulrich Gminder hatte hier an der Karlstraße Fabriken. Ein Schornstein war alles, was übrig blieb.

 Die Karlstraße - ein einziges Trümmerfeld, in den 50er Jahren hatte sich Reutlingen hier eine Allee geschaffen, aus der man auch eine Prachtstraße hätte machen können. (Bild unter: Martin Klaus)

Auferstanden: Haux
 Wo Haux wiedererstand, heute Zinser residiert - der Marktplatz nach den Zerstörungen im März 1945.



Nach der Einweihung 1966: Das neue Reutlinger Rathaus, das inzwischen sogar unter Denkmalschutz steht - und damit sakrosankt ist gegenüber jeder Kritik... Bildertanz-Quelle: Richard Wagner
Die Reste eines ehedem imposanten Rathauses- 
Bildertanz-Quelle: Neues Leben aus Ruinen (1955)/Bildertanz-Sammlungen


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

... sehr interessante Fotos aus dem Krieg, solche kannte ich von Reutlingen bisher nicht.
(geb. 1965)