... da war der Brunnen gerade 410 Jahren alt geworden. Seiner einstigen Funktion längst beraubt, zeigte der Vorgänger deutliche Spuren des Verfalls. 1544 war er von den Steinmetzen Hans Bauer und seinem gleichnamigen Sohn geschaffen worden, offensichtlich nach Plänen des Bildhauers Hans Huber. (Unsere Experten werden im Zweifel das alles richtigstellen.) Er war ursprünglich ein Ziehbrunnen. Dass er im Stil der Gotik erbaut worden war, galt damals als eher außergewöhnlich. Denn nun bestimmte die Renaissance die Stilrichtung. Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Romantik die Schönheit dieses Brunnen wiederentdeckte und er zu einem beliebten Malmotiv avancierte, wurde er vom Zieh- in einen Pumpbrunnen umfunktioniert. Als die Wilhelmstraße dann 1885 eine eigene Wasserversorgung bekam, verlor er seine Bedeutung. In den 20 Jahren des 20. Jahrhunderts war er sogar wasserlos. Es war dann in den späten dreißiger Jahren so, dass die Stadtväter beschlossen, den Brunnen gänzlich aus der Wilhelmstraße zu entfernen. Er war ein Verkehrshindernis. Doch dann kam der Krieg, und Reutlingen hatte ganz andere Sorgen. 1954 ersetzten die Brüder Richard und Eduard Raach, beides Bildhauer, den Brunnen durch eine komplette Neuanfertigung. Die Reste des alten Brunnens blieben allerdings erhalten. Sie sollen sich im Fundus des Heimatmuseums befinden.
470 Jahre wird also der Brunnen in der Version 1.0 und 2.0 alt. 60 Jahre ist es her, dass er ersetzt wurde. Vielleicht mal ein Grund, auf ihn anzustoßen. Zum Beispiel in der langen Nacht...
Das Foto stammt aus dem Jahr 1953, also einem Jahr vor dem Austausch.
Bildertanz-Quelle:Sammlung Helmut Akermann
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