Bildertanz-Quelle: Jürgen Reich
Es war die Idee von Julius Vohrer, der die 1928 verlassene Tradition des Weingärtner-Festes wieder aufnehmen wollte. Und weil das Weinhaus des Weinküfermeisters justament 350 Jahre alt wurde, hatte er sich mit der Geschichte des Weinbaus in Reutlingen intensiv beschäftigt. Im 15. und 16. Jahrhundert verfügte Reutlingen über Weinberge in der Größe von 1100 Morgen. Jeweils am 25. Mai, dem Namenstag von Papst Sankt Urban, wurde in Reutlingen wie auch in anderen Weingegenden gefeiert. Denn eine alte Weinbauernregel besagte: "Die Witterung um Sankt Urban zeigt des Herbstes Wetter an." Also war man jedes Jahr gespannt auf das Wetter an diesem Tag. Dabei wurde wohl auch die Figur des Rebenmännleins kreiert, dem Wahrzeichen der Weingärtnerzunft, das seit 1578 im Festzug mitgetragen wird, aber nicht die Kirche betreten darf. Denn es sei ein "Abgott".
Mit dem Wechsel der Konfession - Reutlingen wurde als eine der ersten Städte protestantisch und unterzeichnete 1530 das Augsburger Bekenntnis - ward auch das Rebenmännlein, eigentlich eher eine heidnische Figur, lutherisch. (Wer weiß mehr darüber?) Auf jeden Fall kam es zu einem Gegenschlag. Unter Kaiser Karl V. hatte sich Reutlingen im August 1548 dem Interim beugen müssen, an dessen Ende man im Rahmen eines Konzils wieder die beiden Konfessionen vereinen wollte. Als aber im selben Jahr, am 25. September 1548, der gesamte Wein erfror, war den Weingärtnern klar: Das war eine Strafe Gottes. Ihrem Protest schlossen sich die anderen Zünfte an. Und in Erinnerung daran wurde das Weingärtner-Fest wieder eingeführt.
Es war die grandiose Idee von Julius Vohrer, dass er diese Tradition wieder aufgriff und 1986 das erste Weindorf errichten ließ. Heute, am Reformationstag, sei daran erinnert, dass dieses Weinfest einen protestantischen Hintergrund hat. Katholiken sind aber ebenfalls willkommen. Raimund Vollmer
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