Am Anfang war Altenburg (TEIL V)
Beim Bildertanz brachte ich mir selbst einen Marketing-Trick bei, der so wirksam war und so hinterhältig, dass ich bis heute nicht weiß, ob ich darauf stolz sein soll oder mich dessen schämen muss. In unserem Gemeindeboten hatte ich kurz vor der Uraufführung geschrieben, dass wir mehr Karten verkauft hätten, als Sitzplätze da sind. Dies hatte einen für uns alle völlig überraschenden Effekt.
Zugleich hatten wir den Zuschauern mitgeteilt, dass am 13.
November 2004 ab 18.00 Uhr Einlass in der Festhalle sei. Dass wir die Halle
kostenlos bekommen hatten, hatten wir einmal der Jugendabteilung der
Freiwilligen Feuerwehr Altenburg zu verdanken, die ihr Recht auf freie
Benutzung der Halle geltend machte und als Mitveranstalter auftrat. Dahinter
stand als treibende Kraft deren Chef Achim Schäfer. Bezirksbürgermeister Rolf
Nedele hatte uns zudem - wie bereits erwähnt - gesagt, dass er unserem Antrag
auf Miete der Halle wohlwollend behandeln werde.
Inzwischen hatte es allerdings einen politischen Umschwung
in Altenburg gegeben. Nach den Kommunalwahlen, zu denen Nedele ebenso wie unser
Dorfarchitekt Hans Weimar nicht mehr angetreten waren und die beide zur
"Bürgerliste" gehörten, hatte die Liste "Wir in Altenburg"
die Mehrheit in unserem Bezirksparlament übernommen. Sie hatten die
Realschullehrerin Christel Metzger zur Bürgermeisterin gewählt.
Bei der konstituierenden Sitzung des Dorfparlaments waren wir vom Bildertanz zum ersten Mal dabei - als Zuschauer. Wenn es den Bildertanz nicht gegeben hätte, ich glaube, dass keiner von uns dann ins Rathaus gekommen wäre. Wie doch ein Projekt den Blickwinkel verändern kann!
Bürgermeister Rolf Nedele gratuliert seiner Nachfolgerin Christel Metzger, September 2004 |
Bei der konstituierenden Sitzung des Dorfparlaments waren wir vom Bildertanz zum ersten Mal dabei - als Zuschauer. Wenn es den Bildertanz nicht gegeben hätte, ich glaube, dass keiner von uns dann ins Rathaus gekommen wäre. Wie doch ein Projekt den Blickwinkel verändern kann!
Es war wichtig, dass wir uns hier zeigten. Außerdem fühlten
wir uns ja inzwischen auch ein wenig verantwortlich für die Zeit-Geschichte im
Ort. Denn nicht nur gab es die Wahl der neuen Bürgermeisterin, die beiden Räte
Nedele und Weimar sollten bei dieser Sitzung in Würden verabschiedet werden. Alle
drei hatten versprochen, uns mit Vorträgen an unserem Dorfabend zu
unterstützen. Zugesagt hatte auch der Vorsitzende des TSV Altenburg, Erich
Diebold.
Aber die Knüller des Abends lieferte der Männergsangverein und der Posaunenchor. Wir hatten uns nämlich für den Abend eine eigene Altenburger Nationalhymne ausgedacht, komponiert von Vittorio, der auch den Chor dirigieren sollte, und getextet von mir. Der Männergesangverein wollte das Stück singen - und der Posaunenchor spielen. Deren Chef, Dieter Reinking, hatte sogar zugesagt, unseren Tagesschau-Sprecher zu mimen. Denn für genau 20.00 Uhr hatten wir eine richtige Nachrichtensendung geplant - mit eigenem Trailer und allem Pipapo.
Aber die Knüller des Abends lieferte der Männergsangverein und der Posaunenchor. Wir hatten uns nämlich für den Abend eine eigene Altenburger Nationalhymne ausgedacht, komponiert von Vittorio, der auch den Chor dirigieren sollte, und getextet von mir. Der Männergesangverein wollte das Stück singen - und der Posaunenchor spielen. Deren Chef, Dieter Reinking, hatte sogar zugesagt, unseren Tagesschau-Sprecher zu mimen. Denn für genau 20.00 Uhr hatten wir eine richtige Nachrichtensendung geplant - mit eigenem Trailer und allem Pipapo.
Auf jeden Fall waren die Altenburger alarmiert, als sie
erfuhren, dass wir mehr Karten als Sitzplätze verkauft hatten. Und kaum hatten
wir die Tore zu Halle um 18.00 Uhr geöffnet, strömten die Zuschauer bereits in
den Saal. Sie besetzten ihre Plätze und wichen nicht mehr vom Fleck. Eine
Stunde Wartezeit lag nun vor ihnen. Es war wie am vergangenen Samstag bei der
Eröffnung der neuen Stadthalle in Reutlingen. Die Leute kamen eine Stunde
vorher, um auf jeden Fall einen guten Sitzplatz zu ergattern.
Doch im Unterschied zur Stadthallen-Eröffnung hatten wir
eine Art Pausenprogramm. Wir zeigten die Bilder aller Altenburger, die wir in
den Wochen und Monaten zuvor bei unserem Gang durchs Dorf fotografiert hatten.
Und da die Bilder weder alphabetisch nach Namen, noch nach Straßen sortiert
waren, sondern alles kreuz und quer ging, wusste keiner der rund 500 Besucher,
wann sein Foto erscheinen würde.
Auf einer riesigen Leinwand, angestrahlt durch einen lichtstarken
Projektor liefen die Fotos ab. Eins nach dem anderen. Mal waren es
Familienfotos, mal Bilder mit Einzelpersonen, mal mit Tieren, mal vor der
Haustür, mal im Garten. Die Leinwand habe ich übrigens am vergangenen Samstag
wiedergesehen. In der Stadthalle. Im kleinen Saal. Dort hatte die Direktion jene
240 Sänger untergebracht, die als Höhepunkt der Eröffnungsveranstaltung
gemeinsam mit der Württembergischen Philharmonie Beethovens Neunte Symphonie anstimmen
sollten. Da kein Platz mehr im vollbesetzten Großen Saal war, hatte man sie
Kleinen Saal untergebracht. Und auf die Leinwand übertrug man die
Veranstaltung.
Dieselbe Leinwand hatten wir uns 2004 von der Volksbank Reutlingen
ausgeliehen, die sie auch der Stadthalle zur Verfügung stellte. Die Leinwand
war so groß, dass wir sie nur mir Tricks in unsere Halle bekamen. Ein Freund
von mir, der aus Böblingen zu uns gekommen war, um sich diese Show anzusehen, meinte
später. "Als sich die Altenburger selbst auf der Riesenleinwand gesehen
haben, war das für sie wie die zweite Mondlandung." So war das auch. Von
der Volksbank hatten wir auch den Hochleistungs-Beamer bekommen, der rund
15.000 Euro gekostet haben soll. Hermann Schmauder, der Marketing-Chef der
Volksbank, hatte uns das wertvolle Gerät anvertraut. Vermittelt hatte das Ganze
Tanja Wack, die ihre Lehre zur Bankkauffrau bei der Volksbank gemacht hatte.
Wir waren also bestens gerüstet. Und es gab auch keine
Panne, selbst mit dem Ton kamen wir klar.
Auf jeden Fall hatten wir mit der Androhung, dass es
möglicherweise nicht genügen Sitzplätze gab, dafür gesorgt, dass die Halle
bereits 18.10 Uhr proppevoll war.
Diese Resonanz war keineswegs selbstverständlich, sondern
der Veranstaltung war eine regelrechte Zitterpartie vorausgegangen. Die
Altenburger zögerten nämlich lange damit, sich mit Eintrittskarten einzudecken.
Und wenn jemand welche hatte, dann traute er sich nicht zuzugeben, dass er zu
diesen Verrückten vom Bildertanz auch tatsächlich gehen würde. Aber dann brach
das Eis.
Altenburger haben mir später erzählt, wie das kam. An den
Stammtischen hat irgendjemand gefragt: "Habt ihr schon Karten für den
Bildertanz?" Zuerst Schweigen. Dann gestand einer: "Ich habe mir zwei
bei der Volksbank besorgt." Wieder Schweigen. "Ich auch", meint
ein anderer, der sich zuvor nicht getraut hatte. Wenn dann noch ein Dritter
sich zum Bildertanz bekannte, dann war den anderen klar: Am nächsten Tag
mussten sie alles tun, um ebenfalls an Karten zu kommen. Und so waren dann nach
langem Zögern, wir hatten schon die Hoffnung verloren, plötzlich innerhalb
weniger Tage alle Karten weg.
1 Kommentar:
War wohl der "Geburtstag" für das allerbeste Programm aus der Region im Internet!!!! Danke!!!! R.
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