Sonntag, 29. März 2020
Montag, 9. März 2020
Stadtpfarrer Hermann Keicher (1883-1954): Er nahm das Geheimnis mit ins Grab
Bildertanz-Quelle: Helmut Akermann
Seit 1926 war Hermann Keicher Stadtpfarrer in der Sankt-Wolfgangs-Kirche in Reutlingen.Als er 1954 starb, hatte er justament eine sehr schwierige Phase hinter sich. Denn in dem 1951 geführten Verfahren gegen Oskar-Kalbfell über die Erschießung von vier Männern, die als Geisel für den Tod eines französischen Soldaten auf Weisung der Besatzung büßen mussten, war er als Zeuge aufgerufen worden. Es ging um die Frage, wer die vier Männer benannt hatte, die - obwohl völlig unschuldig an dem Tod des Soldaten - am 24. April 1945 mit ihrem Tod dafür büßen sollten. Es war der Verdacht geäußert worden, dass Kalbfell eine Namensliste empfohlen hätte.
Der katholische Pfarrer Keicher war vom Armeegeistlichen der Franzosen aufgefordert worden, die vier Geiseln in ihren letzten Stunden zu begleiten - obwohl keiner der vier katholisch war. Das Gericht wollte 1951 von Keicher wissen, was in diesen letzten Stunden geschehen war. Der Pfarrer berief sich auf sein durch das Seelsorgeamt legitimiertes Zeugnisverweigerungsrecht. Doch das wollte das Gericht nicht akzeptieren und verdonnerte Keicher zu einer Geldstrafe. Nachdem er auch weiterhin schwieg, hätte das Gericht nun Keicher mit einer Haftstrafe belegen müssen. Doch mit Rücksicht auf sein Alter verzichtete das Gericht. Keicher schwieg über die Hintergründe auch weiterhin. Er nahm das Geheimnis mit ins Grab. Der Oberbürgermeister Kalbfell war übrigens bei der Beerdigung im Leichenzug dabei. (Raimund Vollmer)
Erwähnt sei auch noch, dass - wie sich später herausstellte - der Soldat Opfer eines Motorradunfalls gewesen war, also kein Anschlag auf ihn verübt worden war. Eine Frage, die man klären müsste, wäre, inwiefern Bürgermeister grundsätzlich von der Besatzung gezwungen wurden, vorsorglich eine solche Geiselliste herzustellen. In Pfullingen war dies zum Beispiel so.
Erstveröffentlichung am 15. August 2013 im Bildertanz-Blog
Samstag, 7. März 2020
20. April 1945: Einmarsch der Franzosen und der Beginn einer Legende...
Oberbürgermeister Kabfell
Als halb offiziell wird von den Historikern der folgende Text über den Einmarsch der Franzosen am 20. April dargestellt, mit dem Oskar Kabfell, zwischen 1945 und 1973 Oberbürgermeister der Stadt Reutlingen, sich unsterblich machte. In diesem Text - so meint der Biograph Hans-Georg Wehling in den Geschichtsblättern 1995 - kommen nur drei Namen vor: Kalbfell und Allmendinger auf deutscher Seite und auf französischer Seite der Kommandant St. Germain. Der Name des Polizeihauptmanns wird nicht aufgeführt. Auch erfahren wir nichts über die Fahrt von Betzingen bis Marktplatz, ob Schüsse fielen oder nicht. Wir wissen auch nicht, wie sich Kalbfell, der kein Französisch konnte, sich mit dem Kommandanten verständigt hat. Auf jeden Fall war zumindest in Reutlingen das Ende des Krieges gekommen. Fast gekommen. Denn da war ja noch die Geschichte mit den Geiseln
DIE OFFIZIÖSE DARSTELLUNG DER EREIGNISSE AM 19. UND 20. APRIL
»Am Nachmittag des 19. April bezog an den Ortsausgängen in
Richtung Ohmenhausen und Tübingen eine deutsche Infanteriekompagnie in Stärke
von etwa 120 Mann, darunter viele 15jährige Hitlerjungen, die primitiv
vorbereiteten Straßensperren. Ein französischer Erkundungsvorstoß aus Richtung
Tübingen wurde abgewehrt. Am Nachmittag des 20. April, einem sonnigen
Frühlingstag, begann dann eine französische Panzerabteilung nach
vorausgegangener Artillerievorbereitung und unter starkem Einsatz von
Jagdbombern den Angriff. der deutsche Widerstand war nach zwei Stunden
gebrochen, er forderte unter anderem 20 Tote, 13 abgebrannte und viele
beschädigte Gebäude. Die französischen Truppen setzten anschließend zum
weiteren Vorstoß in die Stadt an.
Inzwischen war es einem Bürger der Stadt, dem Kaufmann Oskar
Kalbfell aus Betzingen, unter Lebensgefahr gelungen, mit dem Kommandeur der ein
einrückenden Panzertruppe, dem Capitaine de St. Germain, im vordersten Panzer
zu sprechen. Oskar Kalbfell versicherte hierbei dem Kommandanten, er bürge mit
seinem Leben dafür, dass die Stadt kampflos übergeben werde, wenn keine weitere
Beschießung und vor allem keine Bombardierung mehr erfolge. Er habe in
Verbindung mit Gleichgesinnten entsprechende Vorbereitungen getroffen, um die
Stadt vor einer weiteren Zerstörung zu bewahren. Der französische Kommandant
nahm das Anerbieten positiv auf und befahl Oskar Kalbfell, den französischen
Führungspanzer zu besteigen. Als die französische Panzerspitze mit Kalbfell auf
dem Marktplatz ankam , meldete sich dort der Hauptmann der deutschen Polizei
und stellte sich und seine Männer zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in
Reutlingen zur Verfügung. Die offizielle Übergabe der Stadt erfolgte
anschließend unter Mitwirkung des inzwischen herbeigeholten Bürgermeisters Dr.
Allmendinger. Der französische Kommandant beauftragte noch am selben Abend
Oskar Kalbfell mit der kommissarischen Führung der Geschäfte des
Oberbürgermeisters.«
Erstveröffentlichung, 20. April 2015
Bildertanz-Quelle:Sammlung Hermann Rieker (Foto)
Erstveröffentlichung, 20. April 2015
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