Vor 85 Jahren: Als die Linie 3 gebaut wurde...
... erschloss sie der Stadt Reutlingen den heutigen Nordraum. Die Eröffnung war am 1. August 1928 - und das wäre eigentlich ein Grund, es zu feiern. In Altenburg, Oferdingen - und ganz besonders in Rommelsbach, dem auch damals größten Ort im Nordraum, der allerdings bis in die siebziger Jahre hinein noch aus selbständigen Gemeinden bestand. Mit dem Ende der Straßenbahn begann auch das Ende der Selbständigkeit. Aber das ist eine ganz andere Geschichte. Gehen wir zurück in das Jahr 1928. Damals schrieb der Reutlinger General Anzeiger am 5. August, wenige Tage nach der Eröffnung: "Rommelsbach. Es ist jetzt endlich doch wahr geworden: die Straßenbahn fährt! Am Donnerstag ist nun der neue Fahrplan in Kraft getreten, nachdem die Weihestimmung vom vorigen Tage langsam ausgeklungen war. Immer noch bekränzt fahren die schmucken wagen durch unseren Ort, obwohl sie jetzt Werktag haben, das heißt sie müssen jetzt zeigen, ob sie der großen, für Stadt und Land nutzbringenden Arbeit gewachsen sind. Sie werden es sein, denn sie sind gut besetzt auf ihren Fahrten." 20 Pfenning kostete die Fahrt in die Innenstadt von Reutlingen.Das Projekt Straßenbahn war nicht unumstritten, denn es band die Vororte stärker an die Stadt, die sich damit einen neuen Arbeitsmarkt erschloss und neue Kunden den Geschäften in der Kernstadt zuführte. Und da in der Folge des Projektes zehn Jahre später die Vororte auch noch aus dem Oberamt Tübingen zu dem Oberamt Reutlingen zugeschlagen wurden, waren damit die Weichen für die dann zwischen 1972 und 1974 erfolgte Eingemeindung gestellt. Wenn damals der Nordraum noch zum Kreis Tübingen gehört hätte, dann hätte es vielleicht doch den Ort Neckarerlebenbach gegeben. Denn für eine Eingemeindung dieser Dörfer nach Tübingen wären sie zu weit entfernt gewesen. Sie hätten eine Selbständigkeit erfahren wie Pliezhausen, das um Gniebel, Dörnach und Rübgarten vergrößert worden. Es war aber das Ende der Straßenbahn Linie 3 am 30. Mai 1970, das letztlich den Weg für die Eingemeindung nach Reutlingen freigemacht hatte. Denn mit der Einstellung der Linie stand der Nordraum ohne (er)tragfähiges Nahverkehrskonzept da.Ohne diese Eingemeindungen hätte es Reutlingen schwer, für Kreisfreiheit zu werben. Denn Reutlingen wäre nicht einmal Großstadt. Es hört sich widersprüchlich an, aber die Damen und Herren Stadträte, die Bürgermeister aller Abstufungen, die Bezirksgemeinderäte aller Teilorte - wir alle sollten daran denken: Es sind die Dörfer, die Reutlingen zur Großstadt gemacht haben (und nicht die Stadthalle)...
Bildertanz-Quelle: Foto Hermann Beck (Rommelsbach)
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