Freigestellt bereits in den siebziger Jahren...
Bildertanz-Quelle: Karl Vöhringer
Das Tor in die Geschichte
Herausgeputzt wie vielleicht nie zuvor steht heute das
Tübinger Tor. Und es ist nach wie vor mindestens ebenso markant wie sein
neuestes Gegenüber: die Stadthalle. Wahrscheinlich wird es in seiner
geschichtlichen Bedeutung für die Stadt nur noch übertroffen von der Marienkirche.
Seine Ursprünge gehen zurück bis in die Ära der Staufer, vor allem zu Kaiser Friedrich
II. (1194-1250), der - man weiß es offensichtlich nicht ganz genau - Reutlingen
zwischen 1220 und 1240 zur Stadt erhoben hatte. In dieser Zeit wurde auch das
Mettmanstor errichtet, das wir heute als Tübinger Tor kennen.
Vor 800 Jahren, am 25. Juli 1215 war Friedrich in Aachen zum
Kaiser gekrönt worden. Er war alles andere als ein sympathischer Zeitgenosse,
dreimal verheiratet, ein offenbar abscheulicher Ehemann, der ständig einen
Harem mit sich führte. Aufgewachsen war er nicht in Schwaben, sondern in
Palermo, wo er - vor seiner Krönung - unter eher ärmlichsten Verhältnisse seine
Kindheit und Jugend verbrachte. Dass er übrigens täglich ein Bad nahm, wurde
ihm übelgenommen: das sei Teufelswerk. Er beherrschte sechs Sprachen, schien
von guter Bildung zu sein, war aber mehr seiner Heimat Sizilien zugetan als
Deutschland, das nur einen Nebenschauplatz darstellte. Es war eine wirre Zeit, in
der sich geistliche und weltliche Macht immer wieder unversöhnlich
gegenüberstanden. Es war aber auch die Zeit der "weitreichenden
Städtegründungen", wie Karl Bosl in
seinem Buch "Staat, Gesellschaft, Wirtschaft im deutschen Mittelalter"
schreibt. Die Staufer zeigten bereits Ansätze einer Wirtschafts- und
Handelspolitik. Und sie wussten, dass ihnen die Städte auf Dauer sichere
Steuereinnahmen einbringen würden.
Reutlingen lag zwar nicht an den Hauptlinien des
Welthandels, aber hatte dennoch eine hohe Bedeutung. Es lag am Ende eines
Tales, an einem Fluss, an einer Stelle, an der sich Handelswege kreuzten.
Die Staufer förderten seit Barbarossa das Bürgertum. Der
Begriff "Stadtluft macht frei" kam gleichsam in Mode, wer als
Leibeigener in einer Stadt Zuflucht fand, hatte die Chance, mit der Zeit ein
freier Bürger zu werden. Es war vor
allem Friedrich II., der die Bedeutung der Städte zur Sicherung seiner Macht
erkannt hatte. Leider gibt es wohl kaum Informationen über die Stadtgründungen
im Schwabenland, aber es deutet einiges darauf hin, dass die Ernennung zur
Stadt zwischen 1236 und 1241 erfolgt sein soll. In dieser Zeit sind
wahrscheinlich auch die Befestigungsanlagen entstanden. Der Bau der Mauern und
Türme muss eine Menge Geld verschlungen haben, was - wie aus anderen Berichten
ersichtlich ist - zu Steuerbefreiungen führte. Von Köln wird erzählt, dass die
Errichtung der Wehranlagen und die Ausgaben für Verteidigung 82 Prozent der
städtischen Einnahmen verschlungen haben.
Auf jeden Fall haben die kaisertreuen Reutlinger 1247 eine
erste Belagerung gegen örtliche Mächte überstanden - auch wenn die Mauern wohl
eher einem Provisorium geähnelt haben als einem festgefügten Wehr. Heinrich Raspe aus dem Ermstal, der ein Jahr zuvor als Gegenkönig von den geistlichen Führern
gewählt worden war, hatte vergeblich versucht, die junge Stadt Reutlingen
einzunehmen. Ihm trotzen die Mauer - und das Mettmanstor, das wir heute
Tübinger Tor nennen.
Es war als ein Doppeltor angelegt. Wer in die Stadt wollte, "musste
zuerst ein Vortor passieren, dann führte ihn sein Weg über eine mit hohen
Seitenmauern geschützte Brücke über den Graben, bis er endlich vor das Haupttor
gelangte, um in die Stadt eingelassen zu werden", schreibt Gerda Domes 1966 in ihrer Arbeit "Die Befestigungsanlagen der Freien Reichsstadt Reutlingen". Sie
berichtet, dass sich vor dem Haupttor die Straße zu einem kleinen Platz
erweiterte. Wahrscheinlich war dieser Vorhof überdacht, um Reisenden Zuflucht
zu geben, die es nicht mehr geschafft hatten, rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit in
die Stadt zu kommen.(Raimund Vollmer)
(Ich versuche alles, nach bestem Wissen und Gewissen aufzuschreiben, bin vor allem aber dankbar für Kritik und Anregungen)
Tübinger Tor: Mit "Vorhof", Schnurbaum und Plastik, 2014(Ich versuche alles, nach bestem Wissen und Gewissen aufzuschreiben, bin vor allem aber dankbar für Kritik und Anregungen)
Bildertanz-Quelle:Raimund Vollmer
1 Kommentar:
Das "Vorspiel" zu weiteren Umbaumaßnahmen in vielleicht 20 Jahren.
Kommentar veröffentlichen