Dienstag, 24. Februar 2015

Kleine Geschichte des Tübinger Tores (3)




 Die Innensicht nacht außen
Bildertanz-Quelle: Sammlung Helmut Akermann

Als der große Abriss drohte

Im November 1802 war Reutlingen im Gefolge der napoleonischen Kriege zu Württemberg gekommen. Sie hatte damit ihren Status als Reichsstadt verloren. Und damals hat man vom Tor alle Zeichen und Embleme, die an die Reichsstadtherrlichkeit erinnerten, mit der Spitzhacke entfernen lassen.

Es war die Zeit, in der man allgemein nicht mehr so recht einsah, weshalb die ohnehin schwerbeschädigten Mauern und Türme erhalten werden sollten. Und es war dann vor nunmehr bald 200 Jahren, am 26. April 1816, dass niemand anders als Friedrich List "als württembergischer Staatskommissar mit der Verwaltung seiner Heimatstadt und den alten städtischen Behörden über die Niederlegung des alten, nun zwecklos und hinderlich gewordenen Befestigungswerks" bemerkt Reutlingens Historiker Karl Keim. 
Obwohl der Antrag angenommen wurde, dauerte es eine Weile, bis sich die Stadtväter trauten, mit den Abbrucharbeiten zu beginnen. 70 Jahre dauerte es, bis diese Spuren des Mittelalters getilgt waren - und das Tübinger Tor wäre 1840 den Abbruchbegehren beinahe ebenfalls zum Opfer gefallen. Das Vortor war abgerissen worden, der 30 Meter breite Stadtgraben, die heutige Lederstraße, war zugeschüttet worden. Die Stadtmauer war verschwunden, stattdessen waren links und rechts vom Tübinger Tor Häuser "angepflanzt" worden. Ein Stück der Stadtmauer am Ledergraben können wir noch am "Pfauen" erkennen. Von den insgesamt noch vier Haupttoren waren 1834 das Obere Tor und ein Jahr später das Untere Tor abgetragen worden. Als man nun aber daranging, das Tübinger Tor ebenfalls abreißen zu wollen, regte sich Bürgerprotest. Die Menschen hatten wohl mit Entsetzen festgestellt, wie die Abbrucharbeiten die Stadt regelrecht verwüstete. "Zweifellos war die spätere Niederlegung des Berings mit 36 Türmen und Toren in ihrer Planlosigkeit barbarisch", schreibt Keim 1975 in den "Geschichtsblättern". 
Um das Tübinger Tor zu retten, wurde der Gemeinderat gleichsam aufgerufen, seinen eigenen Beschluss von 1816 aufzuheben. Erst mit Hilfe des Oberamtes, zu dem Reutlingen 1803 geworden war, gelang es, den Abbruch abzuwenden.
 
Bildertanz-Quelle:Dimitri Drofitsch (2015)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Reutlingen mußte und wird wohl ewig leiden.