Die Frage führt ohne den Umweg über eine Antwort sofort zur Gegenfrage: Muss eine Stadt überhaupt schön sein? Das ist leichter zu beantworten als die erste Frage. Jedenfalls geht es mir so.
Nicht gerade die Schokoladenseite...
Reutlingen ist eine schöne Stadt - im Vergleich zu meiner Geburtsstadt, Dortmund, eine im Krieg komplett zerstörte Großstadt. Trotzdem ging bei mir sofort das Herz auf, als in dem Film "Das Wunder von Bern" eine typische Kohlenpottsiedlung gezeigt wurde, so, wie ich sie kannte. Arbeiterhäuser. Dreckig. Schmuddelig. Dennoch: Es war ein Rückstoß in meine wunderbare Kindheit, zu den Besuchen bei meinen Großeltern, von deren Schlafzimmerfenster im Stadtteil Hörde (53.000 Einwohner) aus ich einen Blick auf die Hochofenanlagen von Hoesch hatte. Häßlicher ging es kaum, aber es war unglaublich faszinierend.
Dortmund - in den 20er Jahren.
Reutlingen ist eine häßliche Stadt - im Vergleich zu Tübingen, eine Stadt, die im Bombenkrieg glimpflich davonkam. Als ich 1970 erstmals von Düsseldorf aus, wo ich damals lebte, nach Reutlingen kam, war ich sehr angetan von diesem Städtchen. Es war wie in dem Buch "Der kleinen Prinz". Alles war sehr viel kleiner als in Düsseldorf. Und doch war alles da, was ich von der Großstadt kannte. Sogar eine Straßenbahn gab es, nur sehr viel schnuckeliger, gemütlicher. Dann sah ich das Rathaus, fand es einfach nur scheußlich. Damit war ich nich allein. Ganz ehrlich, ich hatte sogar den Eindruck, dass sich die Reutlinger vor Fremden des Rathauses schämten. Deshalb sollte ich auch unbedingt Tübingen besuchen. Dass mir hier das Rathaus weitaus besser gefallen würde, war natürlich klar. Überhaupt - Tübingen war eine Stadt, wie man sie als Nordwestdeutscher nur aus Bilderbüchern kannte. Wie gemacht für Touristen.
Touristen- und Studenten-Stadt Tübingen
Aber sie wurde niemals für Touristen gebaut. Keine Stadt wurde das - außer vielleicht Las Vegas und andere Vergnügungsparks. Städte müssen nicht schön sein, sondern funktionieren. Und indem ich das schreibe, weiß ich, dass das nicht stimmt. Städte müssen schön sein - nicht für Touristen, sondern für die Menschen, die in ihr leben.
Das habe ich jüngst zu spüren bekommen, als ein Facebook-Freund aus Mönchengladbach einen Beitrag von mir fand, in dem ich mich zu der Entwicklung dieser niederrheinischen Großstadt kritisch äußerte. Ich habe in Gladbach fünf Jahre gelebt, bin dort in den frühen sechziger Jahren zur Schule gegangen und habe dann 1973/74 dort meinen Beruf erlernt. Den Artikel hat dieser Freund seiner Mönchengladbacher Facebook-Gruppe vorgestellt. Und prompt gab es darauf zum Teil heftige und deftige Reaktionen.
Der zentrale Omnibusbahnhof in Mönchengladbach
Da habe ich meine Lektion erhalten - ich war nur Tourist. Aber für die Menschen, die dort leben, ist es die schönste Stadt der Welt. Und so geht es mir, der ich jetzt seit 1975 im Schwabenland lebe, auch. Reutlingen ist die schönste Stadt der Welt - was uns aber nicht daran hindert, auch mal kräftig auf den Putz zu hauen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende - und schauen Sie sich mal Reutlingen an. Mit seiner Kernstadt, mit seinen Dörfern, seinen Menschen. Aber nicht als Tourist, sondern als Bürger. Ihr Raimund Vollmer
7 Kommentare:
gut gebrüllt, Löwe!
Ich bin Zwilling...
Ich bin Wassermann und mir gefällt Reutlingen nicht mehr seit das Parkhotel abgerissen wurde.
Das kann ich verstehen.
Das (neue) Reutlinger Rathaus finde ich sehr schön. Und die neue Stadthalle auch.
Ich kenne keine hässlichere Stadt als Reutlingen man muss sich richtig schämen von hier her zu kommen. Außer die Marienkirche versprüht Reutlingen keinen eigenen Charme sondern alles wirkt lieblos zusammengewürfelt. Außerdem wurde in den letzten Jahren so viel falsch gemacht in der Stadt da kann man nur den Kopf schütteln. Der ZOB am Willy Brandt Platz, Assi Ecke Schandfleck und Nachts sollte man als Frau nicht unbedingt alleine dort sein. Die Stadthalle bzw die Stadthalle und drumherum. Der Platz vor dem Tübinger Tor ist schön geworden. Über Geschmack lässt sich streiten aber wirklich schön sieht die Halle nun wirklich nicht aus. Wenn dann auch wenigstens gute Veranstaltungen dort statt finden würden. Reutlingen hat ein Verkehrs problem ständig Stau und zu den stoßZeiten braucht man teilweise über eine Stunde um durch die Stadt zu fahren. Unzuverlässige Öffentliche Verkehrsmittel und Abbau der Straßenbahn ein Rückschritt. Ein sbahn Anschluss an stuttgart wäre super. Möchte man abends ausgehen so sind die Möglichkeiten doch begrenzt. Allerdings ist nach 23 Uhr an einem Samstag abend tote Hose in der Stadt. Ironischerweiße wirbt das Stadtmarketing mit Reutlingen - Wo leben Stadt findet: peinlich und eine Lüge. Der Bahnhofsvorplatz: warum hat man den Brunnen weg gemacht. Der hat den Platz sehr aufgewertet und sah schön aus. Jede Stadt hat seine schönen und hässlichen Ecken bzw positives und negatives aber zu Reutlingen fällt mir nichts positives ein. Warum will die Stadt das Gebäude am Kali abreißen. Damit ein neues hässliches Gebäude dort entsteht und das alte Schöne Gebäude verschwindet. Warum gibt es 2x Burger King und 2x Subway in Reutlingen? Unnötig!! Pomologie eigentlich ein schöner Park.. gewesen mittlerweile nur noch dreckig und ein Drogenumschlagplatz. Fehlender Fernstraßenanschluss , Orte wie Horb am Neckar oder Rottenburg besitzen sogar einen Fernstraßenanschluss. Fazit: wer diese Stadt trotz dieser ganzen Nachteile schön findet Bitte nur keine Bescheidenheit. Man kann aber im Leben sich auch alles schön reden und machen.
Was eins hirnloser Kommentar
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