(Kommentar) Er nennt sich Migrationsforscher. Er ist Professor. Er ist
Doktor. Er ist Historiker. Er ist Politikberater. Er hat das Bundesverdienstkreuz
Erster Klasse. Er ist vor allem eitel. Gestern war er in Reutlingen, in der
Stadthalle. Im Kleinen Saal - vollbesetzt mit Leuten, über die er nun, im Alter
des wachsenden Mutes, also der Pensionierung, seinen Zorn ausschütten konnte. Es war ein ebenso heiliger wie
selbstgefälliger Zorn über eine Flüchtlingspolitik, die stets das Gute will und
stets das Schlechte schafft. Von Berlin aus, natürlich nicht in Reutlingen,
nicht auf kommunaler Ebene. Hier wohnen die wahren Helden.
So ließe sich weiter schwadronieren über Professor Klaus J.
Bade, der die Flüchtlingskrise zur Weltkrise erhebt und überhaupt ein Meister
darin ist, jene Kulisse, vor der er vor 25 Jahren sein Institut für
Migrationsforschung an der Universität von Osnabrück gründete, so
auszustaffieren, dass seine eigene Größe so richtig zur Geltung kommt. Osnabrück
ist kein Name von Weltgeltung, fiel auch irgendwie nicht auf, wurde nicht
erinnerbar erwähnt, aber Gastprofessuren in Harvard und Oxford - das waren
schon Namen, die die Veranstaltung, den Veranstalter und den Redner groß
machten.
Die Eröffnung machte Bürgermeister Hahn
Die Eröffnung machte Bürgermeister Hahn
Die Reutlinger hingen dem Wissenschaftler jedenfalls an den
Lippen und waren von der Vielfalt bewegt, in die er seine Rhetorik einbettete.
Auch dem letzten Hinterbänkler wurde in dem einstündigen Referat klar, was für
ein Kaliber da ins beschauliche, betuliche, gemütliche Reutlingen gekommen war.
Er hatte nicht nur unerschrocken Innenministern die Meinung gesagt, sondern das
auch schon vor langer, langer Zeit. Aber weder diese, noch die Bunderskanzler(in),
noch ein George Troubleyou Bush wollten ihm zuhören.
Dabei hatte er immer recht behalten, wie ihm das Publikum durch
kräftigen Applaus für seine von ihm zitierten Aussagen bestätigte. Jeder,
der kam, um sich über die Flüchtlingsproblematik zu informieren, wusste nach
dem einstündigen Vortrag, wie wichtig er war und an welchem historischen,
epochalem Ereignis er teilnehmen darf. Aber der Gewinn an Handlungserkenntnis
war eher gering.
Dieser Vortrag war ein weiteres Beispiel für professorale
No-Brainer: Man musste nichts dabei denken. Die eigenen Vor-Urteile wurden
gepflegt. Und das ist ja auch gut für die Sozialhygiene. Man fühlte sich so
sauber, so gut, so menschlich. Der Edelspießer in uns wurde voll bedient. So
ging es jedenfalls mir, der sich völlig verschüchtert vor so viel Kompetenz in
sich zurückzog und über seine intellektuellen Sünden nachdachte. Man kam sich
ganz klein vor in all dem institutionellen Getöse um das, was unsere Profiämter
und Ehrenämter tagtäglich leisten. Dass der Professor dabei den Beamten mit
ihren Kompetenzstreitigkeiten und ihren Umständlichkeiten auch mal die Leviten
las, war solange akzeptabel, solange dafür Berlin als Beispiel herangezogen
wurde. Denn hier im Schwabenland machen wir das alles viel, viel besser. "Wir
können Integration", hieß das Credo, das Manifest des Professors. Das wird
wahrscheinlich sogar stimmen, aber muss man dafür andere vorführen? Sind das
nicht alles Selbstverständlichkeiten?
Selbst in einem Punkt, in dem er hätte richtig zulangen
müssen, fiel er zurück in den altmodischen Jargon der Sozialverträglichkeit. Zu
Recht hatte er den Begriff der "Willkommenskultur" als etwas
entlarvt, was doch in erster Linie eine "Willkommenstechnik" ist -
eine Methodik der Freundlichkeit, der Aufmerksamkeit, der Empathie. Kultur ist
aber niemals eine Technik, so wie Bildung niemals eine Fertigkeit ist, sondern
Kultur ist ein Ziel, ein Ergebnis. Der Begriff Willkommenskultur versperrt in
seiner Allgegenwärtigkeit genau den Blick auf dieses Ziel, auf dieses Ergebnis.
Es geht nicht um das Wie. Das können wir in der Tat. Es geht um das Was, um das
Ziel. Da tun wir uns schwer.Da ist auch der Riss, der durch unsere Gesellschaft geht und von dem er, der "Zornige" (Eigenzitat), sprach.
Natürlich hat der Professor, dem Harvard und Oxford zu Füßen
lagen, uns auf diese Ziele hingewiesen, aber er hätte unglaublich gewonnen, wenn
er zugleich den Begriff "Willkommenskultur" suspendiert hätte. Das
tut man jedoch nicht vor einem Publikum, das sich wohl mehrheitlich als
Willkommenskulturschaffende definierte. Ja, das Ziel, also die Kultur,
zerfaserte sich am Ende zu Multikulti im multi-ethnischen Umfeld. Das ist
natürlich genau das Wundermittel, mit dem man die AfD und andere Populisten wieder
unter die Fünf-Prozent-Klausel drücken kann, oder? Das Gegenteil wird der Fall
sein. Das weiß auch der Professor.
So präsentierte er uns die USA als Beispiel, wie Integration
richtig gelingt. Hier ist man in erster Linie Amerikaner - egal, wo die
individuellen Ursprünge liegen. Ganz bestimmt haben die Amerikaner heute ein anderes
Verständnis von ethnischen Herkünften und den Umgang damit als vor 50 Jahren, als ein Martin Luther King noch seinen Traum hatte.
Ganz bestimmt können wir davon lernen. Aber die Amerikaner haben dem Recht auf "Streben nach Glückseligkeit" einen Verfassungsrang
gegeben, nicht dem Recht auf Multikulti, wie es sich der Professor wünscht -
wohlwissend, dass er dafür nie eine verfassungsändernde Mehrheit bekommen wird,
weder im Parlament, noch in der Bevölkerung.
Wir haben das Grundgesetz, das für uns Verfassungsrang
besitzt. Es ist ein gutes Gesetz, über das wir ja auch mal in geheimer und
freier Wahl abstimmen könnten, wie es die Gründerväter wollten. Dieses Werben
um seine Zustimmung würde wahrscheinlich mehr zur Integration beitragen als
alle "Willkommenskultur".
Bildertanz-Quelle: RV
1 Kommentar:
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