Donnerstag, 28. Mai 2009

Reutlingen 1906: Wo heute die Sparkasse steht...


... stand vor 100 Jahren das Hotel zum Ochsen, ein mächtiger Bau. Rechts davon sehen wir das Gebäude, in dem heute die Volksbank residiert. Es hat einen Hauch mehr Eleganz als die Zwischenlösung, die jetzt gefunden wurde.
Bildertanz-Foto: Charlies Schatulle

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»Am Platz der Kreissparkasse stand der Gasthof zum Goldenen Ochsen. Welchein Glanz umgab ihn noch im Jahre 1914! Scheu blickte man durch die Parterrefenster auf die schneeweiß gedeckten Tische des Speisesaals. Vornehm gaben sich Kellner in Fräcken, die wiederum so vor nehmen waren, dass sich die Kellner weiße Schürzen unterbande. Die fremden Gäste wurden mit der Ochsenchaise, aus dem Jahre 1859 von der Bahn abgeholt und durch die Hoteleinfahrt bis an die Rezeption befördert.
Der Erste Weltkrieg bereitete der Herrlichkeit den Untergang. Zwar wurde das Haus noch solala weiterbetrieben, aber die Lüster waren matt, die Samtvorhänge verschlissen und verblichen. Im Haus roch es nach Moder und Leuchtgas, das undichten Leitungen entströmte.
So bot sich das Etablissement den Nachkriegstanzstunden dar, in denen die Tanzlehrer Kern und Gehringer vor den erblindeten Galaspiegeln des hinteren Festsaals die Francaise und den Lancier nach dem Gejammer eines verstimmten Klaviers einübten, auf dem sich die Musiker Eisenlohr, Euchner, Faiß und Hohloch abmühten. Französosch lauteten die Kommandos zu den Figuren der Contretänze: Engagez! En avant! Chaine anglaise! Pas de deux! Pas de quatre! Da nicht alle Schüler französosch gelernt hatten, konnte man Ermunterungen und Ermahnungen hören an: "Gaschieret an!" "Beim Badegatter net hopsen!" Man lernte auch Menuett, Galopp und Walzer, den neuen Tango und den One-Step, den man Schieber nannte...«
Aus: Karl Keim, Reutlingen, Geschichtsverein Reutlingen, Oertel & Spörer, 1975


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