Wenn Sie sowieso bald in Reutlingen sind, um einzukaufen, machen Sie doch einen Spaziergang zur Alteburgstraße: Sie sehen dort - nicht mehr lange - das "GWG-Gebäude", das zu den wenigen öffentlichen Gebäuden der Stadt Reutlingen gehört, das während der Hitlerzeit gebaut wurde.
Das Gebäude wird bald abgerissen. Obwohl es von der Denkmalpflege lange als Prüffall angesehen wurde. Erbaut wurde es in den 1940er Jahren von dem Architekt Krenn. Erst war es Elektrizitätswerk, dann Rathaus-Ersatz, dann GWG-Hauptgebäude bis 2013.
Da die Architektur der Hitler-Zeit ein wenig aufgearbeitetes und "beleuchtetes" Thema ist, können Sie sich einen Eindruck über die Architektur und Innenarchitektur dieser Zeit verschaffen:
Das Überraschende und Erstaunliche an dem Gebäude ist, dass die originale Innenraumgestaltung der 1940er Jahre eine äußerste Eleganz zeigt, die man der Architektur der "Kriegszeit" nicht zugetraut hätte. Der Stadt Reutlingen, uns, und unseren Bürgervertretern wird also das letzte öffentliche Gebäude aus dieser Ära verlorengehen. Wir möchten unseren Bürgervertretern ganz stark ans Herz legen, stadtbildprägende Gebäude beim "nächsten Mal" zu erhalten.
Bild oben: Ist das nicht elegant gelöst? Originale Einbauschränke mit Einbauwaschbecken.
Bild oben: GWG-Gebäude, Kellergeschoss: Ehemaliger Luftschutzbunkerraum, mit Stahltüren, übrigens hergestellt von der Reutlinger Firma Hess. Ein Fall für das Industriemagazin?!
(c) Bilder: M. Kurz
5 Kommentare:
Die "Oberen" von Reutlingen waren halt schon immer Kulturbanausen, wenn man bedenkt was im alten Stadtkern schon alles zerstört wurde und noch zerstört werden wird.
Das ist man doch von der Stadt Reutlingen gewohnt. Da wurde schon vieles, was kulturell wichtig gewesen wäre, ohne mit der Wimper zu zucken abgerissen.
Kleines Detail am Rande: Das Gebäude weist noch ganz gemäß dem damaligen Zeitgeist einen "Führerbalkon" für Ansprachen über dem Haupteingang auf
Planung und Bau dieses Gebäudes sind im Stadtarchiv im Bestand E-Werk von 1937 bis 1942 hervorragend dokumentiert.
Es wurde als representatives Gebäude trotz Mangelwirtschaft nach modernsten Kriterien gebaut, u.a. mit Klimaanlage, Sprechanlage, Kunstverglasung im Treppenhaus, Marmorverkleidung.Im Luftschutzraum befand sich die Luftschutz-Befehlsstelle für ganz Reutlingen.
Als Architekt wird der NSDAP-Ratsherr Fritz Klonk genannt.
Mit dem Abriss des Gebäudes verliert Reutlingen ein Zeitzeugnis - das obwohl brauner Architektur - unbedingt aus städtebaulichen Gründen zu erhalten gewesen wäre. Ein letztes Zeugnis - auch mit den für die damalige Zeit charakteristischen Führerbalkönchen - ist der Anbau an der ehemaligen IHK in der Schulstraße, das nun dem Sozialgericht dient. Die ganze Gemengelage (GWG-Stadverwaltung) lässt jede Transparenz vermissen, sie verführt gerade zu Dingen, die man öffentlich im Gemeinderat nicht angehen könnte. Ich bleibe dabei: Aufgabe der GWG ist der Wohnungsbau zu erschwinglichen Preisen bzw. Mieten. Sie ist das Korrektiv, um dem Markt nicht jeden Spielraum zu lassen. Dafür hat die GWG ihre Mittel zu verwenden. Aber Bitte kein Verwaltungsgebäude, das für die GWG zu groß ist. Der Verweis auf Vermietungen als Bürogebäude kann kräftig daneben gehen. So haben die Stadtwerke Ulm ein überdimensioniertes Bürogebäude erstellt, Leerstände und Kündigungen sind dort zur Folge. U.a. deswegen muss die Stadt Ulm den Stadtwerken in den nächsten Jahren netto Mittel zukommen lassen. Diese Gefahr sehe ich auch für das neue Gebäude der GWG, mit der Folge, dass sie ihrer Aufgabe Wohnungsbau nicht mehr entsprechen kann oder gar versuchen muss, durch entsprechende Einnahmen sprich höhere Mieteinnahmen Verlust des neuen Verwaltungsgebäudes abzudecken. Polemisch gesprochen; Das scheint wohl im Ansatz die neue Wohnungspolitik der Stadt Reutlingen zu werden.
Zum Architekten: Meines Wissens war der Architekt Fritz Klonk ein alter Kämpfer der ersten Stunde der NSDAP,
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